Ermittlungen: Welcher Immendorff ist echt?

Die Falsifikate kommen angeblich aus dem Mitarbeiter-Umfeld des Malerkönigs. Die Ermittlungen laufen.

Düsseldorf. Der Maler Jörg Immendorff war in den letzten Jahren seines Lebens an den Rollstuhl gefesselt und konnte seine Hände nicht mehr bewegen. Das Malen der Bilder und das Signieren der Leinwände überließ er notgedrungen seiner Werkstatt. Die Frage nach dem Original ist damit nicht einfach zu beantworten. Nun soll sie die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft beantworten.

Der Berliner Galerist Michael Werner, Immendorffs Nachlass-Verwalter, hatte Ende Mai im Gespräch mit der Westdeutschen Zeitung von Fälschungen gesprochen und angekündigt, dass er juristisch dagegen vorgehen werde.

Der Hintergrund: Dem Dorotheum, einer Filiale des traditionsreichen Wiener Auktionshauses, war ein Werk zur Auktion angeboten worden, das auch im Katalog erschien. Petra Schäpers, Repräsentantin des Dorotheums, zog es nach Rücksprache mit Werner zurück. Das heißt, es kam nicht zur Auktion.

Nun erklärt der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Johannes Mocken, im WZ-Gespräch: "Es besteht der Verdacht unerlaubter Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke, nach Paragraph 106 des Urhebergesetzes."

Einlieferer ins Auktionshaus war eine große Düsseldorfer Galerie, wie die Staatsanwaltschaft bestätigt. Deren Mitinhaber betont: "Das Bild kam aus der unmittelbaren Umgebung von Immendorff. Es gibt Expertisen und eidesstattliche Erklärungen. Ich gehe davon aus, dass es sich um ein Original handelt."

Die Staatsanwaltschaft verfolgte über diese Galerie die Spur zurück zu dem eigentlichen Besitzer, durchsuchte dessen Räume und nahm das Werk mit. Nun lagert es in einer Düsseldorfer Spedition. Jetzt ist zu klären, ob es sich um eine Fälschung handelt.

Die Antwort soll ein Sachverständiger finden. Er übernimmt keine leichte Aufgabe, denn nun geht es generell auch um Zertifikate. Der Fall aus dem Düsseldorfer Dorotheum ist kein Einzelfall. Auch andere Auktionshäuser zogen Werke zurück, wie unsere Zeitung berichtet hat.

Noch weiß niemand, ob die schriftlichen Erklärungen gefälscht, oder verfälscht sind oder ob sie vom Künstler selbst fahrlässig oder aus Gefälligkeit ausgestellt wurden. Denn Immendorffs zwischenzeitliche Drogen-Probleme sind nicht erst seit dem Prozess 2004 vor dem Düsseldorfer Landgericht bekannt, als er gestand, in 27 Fällen Kokain besessen zu haben.

Immendorff beschäftigte in seinen letzten Lebensjahren sechs bis neun Assistenten, so Egor Galouzo, der bei Immendorff auch studierte. Sein Lehrer besaß in Markus Meyer einen genialen Werkstattleiter, der handwerklich begabt war, im Malen und im Möbelbau. Meyer nahm sich ganz zurück, gemäß der Devise, die der Student Joe Sracic so erklärt: "Die Farbe musste ganz gleichmäßig aufgetragen sein. Immendorff duldete keinen Pinselstrich."

Die Werkstatt war durchorganisiert. Außer Studenten wurden auch Theatermaler beschäftigt. Nach Auskunft von Ex-Studenten pflegte Immendorff die Helfer zu dirigieren. Durch seine schwere Krankheit bedingt, war er jedoch nur stundenweise anwesend.

Ein Jung-Künstler, der bei ihm studiert und gearbeitet hat, erzählt: "Er hat uns Assistenten wie ein Orchester behandelt. Jörg wusste ganz genau, wie das Lied ablaufen sollte. Jede Note und jeden Satz der Musik kannte er, und die Assistenten waren seine Instrumente, die er korrigierte, wenn sie nicht seinen Vorstellungen entsprachen. Er war der Dirigent, mit den Händen seiner Assistenten."