„Es ist ein extrem aufwändiger Job“

Neue Wege in der Museumskultur: Petra Wenzel und Werner Lippert leiten seit zehn Jahren das NRW-Forum.

Frau Wenzel, Herr Lippert, wir haben einen schönen Anlass für ein Sommergespräch: Das NRW-Forum wird zehn Jahre alt. Ist das ein Grund zu feiern?

Lippert: Feiert man sich selbst? Na, ich glaube schon. Für dieses Modell ist es ein Grund zum Feiern: Es war damals noch ein ziemlich gewagtes Modell, ein Museum, getragen von Stadt, Land, Messe Düsseldorf, Stadtsparkasse, IHK und einer ganzen Reihe von Firmen einzurichten. Wir sind das betriebswirtschaftlichste Haus in ganz Deutschland, weil wir 85 Prozent unseres Ausstellungsetats selber finanzieren müssen.

Lippert: Ja. Dieses Haus hat ja keinen angestellten Direktor, sondern wir sind beide ein outgesourctes Management. Ein ziemlich riskantes Modell. Man muss Stadt und Land zugute halten, dass sie das mittragen und am Anfang eine ganze Reihe von Hürden aus dem Weg geräumt haben. Das ist eine ganz andere Konstellation, die viel mit Vertrauen zu tun hat.

Lippert: Es hat sich wider Erwarten und gegen die Wetten vieler Kollegen bewährt. Aber es ist natürlich ein extrem aufwändiger Job. Wir haben jetzt über 60 Ausstellungen gemacht und jede zusätzlich durch Sponsoren finanzieren müssen. Das ist ein erheblicher Aufwand. Ich glaube, dass unser Programm besonders geeignet ist, eine breite Öffentlichkeit anzusprechen.

Wir haben eine extrem kommunikative, konsumstarke und technikorientierte Zielgruppe, über die man mit Sponsoren sehr gut reden kann. Wir suchen uns für jede Ausstellung den idealen Sponsor - wie z.B. Nokia bei der derzeitigen Ausstellung "Radical Advertising", der jenseits seines finanziellen Betrags noch zusätzlich Technik einbringt.

Zum Beispiel können sich Besucher mit dem entsprechenden Handy durch die Ausstellung guiden lassen. Damit diskriminiert man vielleicht Besucher, die nicht so ausgestattet sind, aber das halten die aus - und wir halten das auch aus.

Lippert: Ich glaube, das kommt, weil diese Leute gerne verstehen wollen, was visuell los ist um sie herum. Warum gibt es Modefotos, die mich anmachen? Wir hören das sehr oft von Besuchern: Mensch, toll, bei Euch kommt man ordentlich ins Nachdenken über das, was einen täglich umgibt. Ich glaube, das hat was damit zu tun, dass bestimmte Dinge in der Schule nicht mehr nahe gebracht werden, etwa das Entschlüsseln von Werbebildern.

Wenzel: Das hat sicher auch etwas mit der Aufbereitung der Ausstellungen zu tun, so wie wir sie machen. Sie haben keine schwere Bleifußdidaktik, sondern kommen immer ein bisschen freundlich und heiter daher. Dazu gibt es für das Publikum sehr akzeptable Öffnungszeiten: jeden Tag bis 20 Uhr, freitags bis 24 Uhr. Das wird vor allem von den jungen wirklich angenommen. Wir brauchen keinen Club der jüngeren Besucher, wir bräuchten eher einen für ältere.

Wenzel: Die Pädagogik, die wir aufgrund unserer Struktur nicht so gut leisten können: Wir haben weder eine Abteilung dafür noch ein Budget. Bei "Radical Advertising" haben wir die Pädagogik mal in den Vordergrund gestellt, was perfekt funktioniert hat. Wir hatten über 300 Führungen. Da sind ganze Uniklassen von Münster mit dem Sonderzug angereist.

Lippert: Aber das bringt uns schnell an den Rand unserer Leistungsfähigkeit, strukturell und finanziell.

Lippert: Helmut Newton, Vivianne Westwood und Radical Advertising, die hatten alle etwa 55 000 bis 60 000 Besucher. Die kleinen Obergeschossausstellungen sind, gemessen an ihrem Umfang und der kurzen Laufzeit, extrem erfolgreich, weil sie ein ganz neues Publikum zu uns führen. Eine Ausstellung über einen japanischen Blumenkünstler lockt Leute an, die man sonst nicht ins Museum bekommt.

Wenzel: Da kann man Sachen ausprobieren, die man lustig und spannend findet, die aber für die große Ausstellungsfläche von 1500 Quadratmeter nicht tragen.

Lippert: Bei uns sind sie im Sommer besser als bei Instituten in der Innenstadt. Im Winter ist es umgedreht, da merkt man, dass der Hofgarten etwas abgeschnitten und schwer zu erreichen ist. Momentan leben wir von Leuten, die bummeln oder einen Radausflug machen. Und das Café ist im Sommer extrem gut besucht.

Lippert: Frei-Eis für alle! Nein, ich denke, dass in Düsseldorf vieles sehr gut läuft. Wie hier die Natur gepflegt wird etwa. Wo ich mir etwas mehr Laissez-faire wünschen würde, sind so Sachen wie Monkeys Island, der Fischmarkt oder ähnliches, dass man so Dinge einfach mal ein paar Monate laufen lässt, und dann werden sie halt wieder zugemacht.

Wenzel: Ja, das finde ich gut. Denn Düsseldorf krankt ja daran, dass es so wenig Räume für Subkultur gibt. Etwas Subkultur leben zu lassen, würde der Stadt gut tun, denn wir brauchen die kreativen Eliten, die hier wohnen.

Wenzel: Ich finde, mittlerweile lohnt sich sehr ein Bummel durch Flingern. Da ist an jeder Ecke eine gute Kneipe oder ein nettes Café und jede Menge kleine Läden, wo ich denke, die könnten auch in Berlin sein. Da gibt es viel zu entdecken.

Wenzel: Wir tun das schon so lange. Es ist viel einfacher, als mit Leuten zusammen zu arbeiten, die man nicht so gut kennt. Vieles wird einfach "durch die Luft übertragen".