Für jedes Gefühl flammt ein neues Licht auf
Choreografin Sabine Seume erklärt Kindern mit ihrem neuen Stück, was eine menschliche Seele ist.
Düsseldorf. Was die Menschen ohne sie wären, ist leicht zu verstehen: Sie würden wie die drei Tänzer Chih-Yink Ku, Laila Clematide und Francesco Pedone in vollem Lauf gegen Wände stoßen, sich gegenseitig anrempeln oder auf den Rücken fallen wie Käfer. Ohne Seele wären die Menschen Roboter. Doch Kindern zu erklären, was eine Seele ist, gehört zu den schwierigen Aufgaben.
Die Düsseldorfer Choreografin Sabine Seume wagt sich mit ihrem Tanzstück "Der Seelenvogel" für Kinder ab 4 Jahren an das Thema und findet eindringliche und doch leichtfüßige Bilder. Als Vorlage ihrer Produktion, die im Rahmen des Festivals "Take-off: Junger Tanz" zu sehen ist, hat sie sich den gleichnamigen Bestseller von Michal Snunit ausgewählt.
Mit wenigen Worten deutet der Erzähler (Karl Weishaupt) an, worum es geht, und verwandelt sich dann in den Seelenvogel: einen Vogelkopf aus grünem Drahtgeflecht mit rotem Schnabel und vielen kleinen Leuchtkästen für die einzelnen Gefühle.
Er haucht den Tänzern eine Seele ein und lässt sie ein kleines Ei hervorwürgen. Das erste Gefühl nach so einer Geburt ist die Angst. Es wird dunkel, Lutz Wernickes elektronische Musik dräut düster und die drei Tänzer kauern am Boden oder verstecken sich; bis plötzlich fröhliche Banjoklänge die drei mit ausgreifenden Sprüngen durch das Studio im Tanzhaus tollen lässt.
Sabine Seume erzählt von der Seele in Bildern elementarer Gefühlszustände, die ganz alltägliche Erfahrungen zitieren und sich zugleich symbolisch verschiedenen Lebensaltern zuordnen lassen. Da erklärt Francesco Pedone beharrlich Laila Clematide seine Liebe, doch sie stolziert wie eine Tangokönigin mit einer Samtschleppe umher.
Die Schleppe nutzen beide Frauen dann wieder für ein eifersüchtiges Tauziehen. Von berührender Komik ist die Szene, wenn die drei sich mit Hockern in ihrer Größe zu übertrumpfen versuchen und Laila Clematide sich danach im Streit mit allen Gliedmaßen besitzergreifend über die Sitzflächen streckt. Mit jedem Gefühlzustand knipst der Seelenvogel das Licht eines neuen Plexiglaskästchen an.
Als das Trio neugierig die Gefühlsschubladen untersucht, ist seine Geduld am Ende. Der Seelenvogel jagt sie durch eine emotionale Achterbahn: in schnellem Wechsel zappeln sie fröhlich, sacken traurig zusammen oder hauen wütend um sich, bis das Gefühlschaos perfekt ist.
Aufführung.: Freitag 10 Uhr, Samstag 16 Uhr, 55 Minuten, Erkrather Str. 30, Telefon 0211/1727041.