Heitere Komödie, getanzt wie damals

Bei den Proben zu „Bournonville Divertissiment“ wird auf die originalgetreue Umsetzung des Stückes geachtet.

Heitere Komödie, getanzt wie damals
Foto: Gert Weigelt

Düsseldorf. Sonia Dvorak und Eric White atmen tief durch. Die beiden Tänzer kommen gerade aus dem Ballettsaal von den Proben zu „Bournonville Divertissement“ — dem ersten Stück des dreiteiligen Ballettabends b.26, der am 16. September seine Düsseldorfer Premiere erleben wird. In der heiter ausgelassenen Komödie in Bundhosen und volkstümlichen Kostümen geht es um einen Fischer und seine Braut in Napoli. Happy End inklusive.

Die Tänzer wissen, dass das Timing und die Bewegungen bei der Collage aus Werken von August Bournonville (1805-1879) noch präziser sein müssen als sonst. Der Stil des königlich-dänischen Choreographen mit seinen vielen kleinen Hüpfern und schnellen, kurzen Beinschlägen (im Fachchinesisch: Battements) wird seit über 170 Jahren von einer Tänzer-Generation zur nächsten weitergereicht. Und fordert den Solisten ein Höchstmaß an Technik und Körperkontrolle ab — besonders aber den Bewegungskünstlern, die, wie die Tänzer der Rhein-Kompanie von Martin Schläpfer, eher auf Modern Dance und neoklassisches Ballett spezialisiert sind. Dass gerade die jungen Amerikaner Eric White und Sonia Dvorak (beide sprechen nicht über ihr Alter) für diesen Ausflug in den frühklassischen Spitzentanz ausgewählt wurden, ist kein Zufall.

Eric, der erste vor einem Jahr nach Europa kam und seitdem bei Schläpfer tanzt, lernte Bournonville bereits in Arizona kennen. „Das war eine gute Vorbereitung“, lächelt er. Besonders für die sehr schnellen Sprünge und Drehungen. Die in der Nähe von New York geborene Sonia war im kanadischen Toronto in einer traditionellen Ballett-Truppe engagiert.

Sie ging nach Kiel, wechselte vor zwei Jahren dann an den Rhein. Sonia erklärt: „Ich mag das ernorme Tempo bei Bournonville sehr, aber es fordert Kondition und Konzentration. Wir arbeiten viel mit Beinen und Füßen, während der Oberkörper sich kaum bewegen darf und nur hin und herschwankt. Nur drei Arm-Positionen sind bei Bournonville vorgesehen.“

Das Gute an dieser Präzisionsarbeit, sei, meinen beide, dass sie die extreme Disziplin auch für andere Ballett-Richtungen nutzen können. Eleganz und Leichtigkeit — die sind nicht nur bei Bournonville erforderlich. Natürlich haben sich die Körper und die Kraft der Tänzer seit 170 Jahren verändert, sie sind größer, schlanker und athletischer. Aber die Dänen achten sehr darauf, dass der Bournonville originalgetreu beibehalten wird. Dafür sorgt weltweit Johnny Eliasen, der auch mit Eric White den Stil schon in Arizona einstudiert hatte.

Synchrone, harmonische Bewegungen, Esprit der Romantik und künstlich überhöhte Volkstümlichkeit. Gehört Bournonville nicht eher ins Museum? „Das können Sie auch über andere klassische Stile sagen“, kontert Sonia. „Es ist ein Teil der Tanz-Geschichte.“ Wie auch die Neoklassiker George Balanchine oder Antony Tudor, die das Ballett am Rhein ebenfalls im Repertoire haben.

Der Reiz am Ballett am Rhein ist, so Eric White, dass die Choreographen uns in allen Stilen einsetzen. Schläpfer, Hans von Manen und Klassiker wie Frederik Aston. Deshalb sei er nach Europa gekommen. Den Tipp für die Schläpfer-Kompanie erhielt er von seinem Lehrer in den USA, der früher mal mit Martin Schläpfer in Basel gearbeitet habe. Von einer besonderen Herausforderung für Frauen spricht Sonia: „Der Wechsel zwischen Spitzentanz und Stücken, in denen wir barfuß tanzen, ist manchmal sehr schnell.“ In den USA ist der Geschmack anders, bestätigen beide. Traditionelles, klassisches Ballett überwiege dort. Zumal der von Mäzenen und Sponsoren finanzierte Kultur-Betrieb und eben auch die Tanzkompanien extrem unter Druck geraten, wenn sie nicht dem Mainstream folgen.

Kaum möglich seien Experimente, die sich kommerziell nicht rentieren. Deshalb sind Sonia und Eric froh, hier als Tänzer engagiert zu sein. Und mit dem Publikum nach der Vorstellung zu diskutieren. „Für uns ist das großartig: Die Zuschauer hier sind neugierig, wollen verstehen, warum wir das tanzen. In Amerika kennen wir das leider nicht so.“

Warum die beiden zum Ballett kamen? Als Eric klein war, zeigte ihm sein Großvater eine Video-Aufnahme mit Rudolf Nurejew und vom Schwarzen-Schwan-Pas-de-deux. Das war für ihn die Initialzündung. Und bei Sonia? Die Großmutter ging immer zum Ballett-Unterricht. Da hat sie die kleine Sonia einfach mitgenommen.