Kabarett: Ein Spagat zwischen Häme und Selbstironie
Thomas Quasthoff und Schauspieler Michael Frowin fehlten zündende Pointen.
Düsseldorf. Er trat ab von der Klassik- und Jazz-Bühne, der weltbekannte Baritonsänger Thomas Quasthoff. Nun taucht er an anderer Stelle wieder auf — als singender Kabarettist. Gemeinsam mit dem Schauspieler, Musical-Sänger und Komödianten Michael Frowin lässt er sich unter dem Titel „Keine Kunst“ im Savoy-Theater über den Zustand der Kultur in unserer Gesellschaft aus.
Man schrickt vor böser Häme nicht zurück, spart aber auch nicht mit Selbstironie. Ja Quasthoff wählt seinen durch Contergan geschädigten Körper als Gegenstand einer satirischen Szene: „War dat schon immer so?“ hört man aus dem Off eine Stimme fragen. „Nee, dat hat der sich operieren lassen - von seinem Friseur“ lautet die Antwort einer anderen Stimme. „Hauptsache auffallen!“ lautet die Schlussfolgerung der fiktiven Schwätzer.
Wie im Kabarett üblich, sind es auch hier die Schwächen von Leuten, die von den Komödianten aufs Korn genommen werden. Die hehre Kunst sei vielen zu schwer verdaulich, sagt Frowin, und Quasthoff kontert mit einer grotesken Vereinfachung des Winterreise-Textes. Im Original heißt es ja: „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus.“ Dann die Leicht-Version: „Ick hab mir ausgezogen, ick zieh mir wieder an.“
So richtig zündende Pointen gibt es nur vereinzelt, dafür allerhand flache Gags. Streckenweise zieht sich die Vorstellung. Manchmal wählt das Duo Namen von Promis zur Zielscheibe des Spotts, ohne dass klar wird, was daran witzig sein soll, vor allem dann, wenn man besagte Person nicht kennt. Insider-Witze und Freund-Feind-Schemata sind in der heutigen Comedy immer dann anzutreffen, wenn den Spöttern der Stoff ausgeht. Derweil erreichen Parodien von Schiller („Die Taucherglocke“) oder Goethe („Faust in drei Minuten“) nur das Niveau eines Pennäler-Witzes.
Zum Glück können beide singen, Quasthoff mehr, Frowin weniger. Und der Pianist Jochen Kilian begleitet mit viel Schwung und Rhythmusgefühl. Die Musik ersetzt die Würze, die den Texten zu oft fehlt. Und Quasthoff verfügt trotz offizieller Beendigung seiner Gesangskarriere noch immer über eine wohlklingende Stimme, die in den etwas schrägen Songs „Hauptbahnhof von Paris“ oder „Keine Kunst“ angenehm zur Geltung kommt. Das Publikum im gut besuchten Savoy-Theater spendet kräftigen Beifall. Ein paar Besucher verließen aber auch vorzeitig den Saal.