Düsseldorfer Kultur Konzert in der Tonhalle: Der Klavier-Klang von Argerich ist einmalig
Die berühmte Pianistin gastierte mit Mischa Maisky in der Tonhalle — ein bejubeltes Ereignis.
Düsseldorf. Martha Argerich und Mischa Maisky betreten das Podium der Tonhalle. Sie gehen den Weg vom Aufgang bis zum Flügel in einem zum Stocken neigenden Schlenderschritt. Sie scheinen sich über irgendetwas zu verständigen. Das weltberühmte Duo wirkt wie ein älteres Ehepaar beim Gang durchs Wohnzimmer, miteinander vertraut und ein wenig schrullig. Doch kaum sitzet Argerich am Klavier und Maisky am Cello, verjüngt sich das Paar gleichsam um Jahrzehnte.
Seit den 1980er Jahren treten die Beiden häufig gemeinsam auf und haben Tonträger aufgenommen, die Kultstatus genießen. Bei allem Respekt vor Maiskys Cellospiel muss der Zuhörer jedoch feststellen, dass Martha Argerich das eigentliche Zugpferd war und bleibt. Kein Wunder, dass auf dem Werbeplakat für das Konzert nur sie abgebildet war und auch ihr Name größer gedruckt war als der von Mischa Maisky. Gleichwohl, auch Maisky ist ein virtuoser, sensibler Musiker mit viel Temperament und Leidenschaft.
Allerdings zeigt er sich diesmal etwas indisponiert. Insider sprechen von einem Hexenschuss, von dem der Cellist urplötzlich heimgesucht wurde. Hinter den Kulissen sei sogar mit Akupunktur Hilfe geleistet worden. Dem Hörer jedenfalls fiel beim Eröffnungsstück, der Sonate „Arpeggione“ von Franz Schubert auf, dass Maiskys Intonation zuweilen unsauber gerät. Insbesondere in höheren Lagen. Umso schöner und sprechender gelingen die ruhigen Stellen in dunklen Registern. Da entlockt Maisky seinem Instrument die schillerndsten Farbnuancen.
Martha Argerich ist in Bestform. Ihr Spiel wirkt vollkommen. Ihre makellose Fingertechnik gestattet ein Spiel voller Souveränität. Bravouröse Passagen wirken nicht die Spur altersmilde — die Argerich spielt mit 74 noch so agil wie vor 20 Jahren. Vor allem aber vermag die Argentinierin am Flügel einen vollen, warmen Klang zu entwickeln, den ihr keiner nachmacht. Er resultiert aus einem ungemein differenzierten Anschlag, bei dem nicht nur die Hände im Einsatz sind, sondern der ganze Körper.
Argerich und der Flügel bilden eine Art organische Einheit, bei der die technische Bewältigung unmerklich wird. Argerichs Musizieren hat etwas von einem Naturschauspiel. Dergleichen gibt es vor ihr nicht, und eine vergleichbare Nachfolge ist außer Sichtweite. Bemerkenswert ist dabei auch, dass Argerich nicht mit ihrem eigenen Instrument reist, wie etwa ihr polnischer Kollege Krystian Zimerman oder seinerzeit der Tastenmagier Vladimir Horowitz, sondern aus einem ihr unbekannten Flügel all diese Wundertöne herauslockt.
Maisky hat sich nach der suboptimal intonierten Exposition der Schubert-Sonate erholt und findet wieder mehr zu sich. Die Cellosonate g-Moll des jungen Ludwig van Beethoven lässt hinsichtlich Sauberkeit noch wenige Wünsche offen. Den stärksten Eindruck hinterlässt aber schließlich die Sonate A-Dur von César Franck, ein ohnehin mitreißendes Opus, vielleicht das beste und expressivste des französischen Komponisten. Argerich und Maisky lassen das Lyrische leuchtend aufblühen, um den dramatischen Ausbrüchen den stürmischsten Furor zu verleihen. Das Publikum klatscht begeistert Beifall, es gibt stehende Ovationen auf allen Parkettebenen und auf dem Rang, dazu Blumen und Briefchen.