Markus Lüpertz lästert über Beuys

Ehemaliger Akademierektor kritisiert ihn als Bildhauer.

Düsseldorf. Eigentlich sollte Markus Lüpertz auf einer gut besuchten Veranstaltung in K 20 vor lauter jugendlichen Zuhörern über sich und seine Kunst sprechen. Da jedoch Joseph Beuys aufgrund der neuen Beuys-Biografie von HP Riegel heftig diskutiert wird, äußerte sich Lüpertz spontan auch zu seinem verstorbenen Kollegen über dessen bildhauerische Qualitäten. Trotz aller Bewunderung fällte er ein harsches Urteil über den Künstlerkollegen, mit dem er einst an der Düsseldorfer Akademie studiert hatte:

„Beuys war für mich immer ein gescheiterter Bildhauer. Was bei ihm gut ist, sind seine Zeichnungen. Die sind großartig. Aber die anderen Sachen hingen zu sehr von seiner Präsenz ab.“

Was er schätzt, sei das Charisma: „Der Mann hatte eine einmalige Ausstrahlung, der konnte man sich nicht entziehen. Der Raum veränderte sich, wenn der Beuys da war. Das war eine personifizierte Kunstfigur. Kunst zum Anfassen. Ich habe in meinem Leben nie mehr einen so komplexen Künstler erlebt wie ihn. Das ist sicherlich seine großartige Leistung, seine Bedeutung. Das Werk selber ist natürlich abhängig von seiner Existenz.“

Am Rande der Diskussion beantwortete Lüpertz auch die Frage, ob Beuys das Sprachrohr des Anthroposophen Rudolf Steiner gewesen sei? Riegel hatte nämlich in seiner neuen Biografie behauptet, die Kunst von Beuys basiere auf dem Lebensprogramm von Steiner.

Die Antwort von Lüpertz: „Steiner war der erste, der eine Art Lebensgefühl vermittelte. Und wer sich bei Goethe bediente, bediente sich später auch bei Steiner. Aber bei Beuys war es nicht nur der Anthroposoph, der ihn beeinflusste, sondern auch der Niederrhein. Ab September gibt es dort morgens nur noch Nebel. Da verschwimmt alles irgendwie im Dunkeln. Da kommen die Trolle, die Spökenkieker.“

Kann man das Sprachrohr eines anderen noch als Ausnahmefigur bezeichnen? Dazu sagt Lüpertz: „Ja, er hat eine Ausnahmefigur vertreten. Er war ein religiöser Mensch. Der fühlte sich vom Himmel gefallen, und nach dem Stuka-Absturz ist er quasi vom Tod auferstanden und eine Lichtgestalt geworden. Aber er hat alles auch mit einem unendlichen Humor begleitet. Das habe ich bewundert.“

Und wie steht Beuys nun in der Kunstgeschichte da, wo man ihn bislang glorifiziert hat? Das Urteil des Malerfürsten Lüpertz lautet: „Das Werk wird keine große Überlebenschance haben. Wenn ich heute eine Vitrine von Beuys sehe, so wirkt der Inhalt auf mich wie Devotionalien.“