Feuilletönchen – Die Kulturkolumne Mit Zwischennutzungen gegen den Bauwahn kämpfen
Das Boui Boui Bilk geht. Im Herbst rollen die Abrissbagger an, die alten Werkshallen der Schraubenfabrik Max Mothes müssen für ein Wohnquartier weichen. Keine Modeschauen mehr, keine Nachtflohmärkte mehr, keine Food Festivals mehr, keine Partys mehr.
Zumindest nicht mehr in der Suitbertusstraße 149. Aber vielleicht woanders, die Agentur 0049events sucht jedenfalls nach einer anderen Stätte, in die der „Interdisziplinäre Raum für Kunst, Kultur und Klamauk“ einziehen kann. Bereits in der Alten Kämmerei hat die Event-Agentur ein urbanes Kulturzentrum auf Zeit installiert. Doch erstmal stimmt der Abschied wehmütig, vor allem der Abschied von den Mothes-Fabrikhallen.
Dieser Ort hatte Anziehungskraft. Ein Ort, an dem sich die Menschen gerne aufhielten. Ich erinnere mich noch, als ich letztes Jahr einigen WZ-Lesern bei einer Tour durch die Nacht der Museen das Boui Boui Bilk zeigte. Nachdem wir uns das Programm zu Gemüte geführt hatten, setzten wir uns gemeinsam an die Biertische, aßen und tranken gemeinsam. Einige der Tour-Teilnehmer wollten nicht mehr weiterziehen. Ihnen gefiel es zu gut. Doch es war klar, dass der Abschied kommen würde.
Das Boui Boui Bilk diente als Kulturort auf Zeit. Es war ein Zwischennutzungs-Projekt. Bis der Bau des Wohnquartiers beginnt, können Kulturakteure die leeren Werkshallen kostengünstig beleben. So lautete der Deal. Zwischennutzung hat sich längst zu einem wichtigen Werkzeug der Städteplaner entwickelt. Zum Werkzeug gegen den Leerstand. Manch Architekturkritiker geht sogar weiter: Zwischennutzung diene dazu, dem Bauwahn entgegenzuwirken. Nur dank solcher nachhaltiger Maßnahmen, die alle Ressourcen von Bestandsbauten ausschöpfen, seien Städte zukunftsfähig. Im Falle von Boui Boui Bilk und der Mothes-Werkshallen konnte zwar kein Neubau verhindert werden, doch die kulturelle Zwischennutzung der alten Fabrik hat den Stadtteil Bilk, aber Düsseldorf selbst belebt.
Das Boui Boui Bilk ist zur festen Kulturadresse in der NRW-Landeshauptstadt mutiert. Genauso verhielt es sich mit dem Zwischennutzungs-Projekt Postpost im einstigen Logistik-Zentrum der Post am Hauptbahnhof. Die Düsseldorfer Event-Agentur ZackBumm etablierte dort eine kommerzielle Event-Location und Gastronomie. Zugleich konnten Kulturakteure in der Alten Paketpost performen, ausstellen oder musizieren. Nicht zuletzt konnten Künstler für 18 Monate günstige Ateliers beziehen. Postpost avancierte zur Marke. Dasselbe will ZackBumm nun mit dem neuen Zwischennutzungs-Projekt Ergo Ipsum in Friedrichstadt erreichen. Zudem bietet die Event-Agentur seit Januar 2018 zusammen mit dem Open Source Festival Atelierräume im ehemaligen Landeskriminalamt an. Für einen Mietpreis von fünf Euro. Die Zwischennutzung läuft noch ein Jahr. Kulturelle Zwischennutzungen scheinen in Düsseldorf also populärer zu werden. Trotz eines starken Immobilienmarktes und vergleichsweise niedrigen Leerstands. Möge es so weitergehen!