Ballett „Mozart des Modern Dance“ und ein Blick auf das tanzende Amerika

Düsseldorf · Ballettabend „B.40“ feiert am Samstag im Opernhaus Premiere. Ein näherer Blick auf das besondere Programm.

 Marié Shimada und Sinthia Liz in Mark Morris’ „Pacific“, das bei b.40 gezeigt wird.

Marié Shimada und Sinthia Liz in Mark Morris’ „Pacific“, das bei b.40 gezeigt wird.

Foto: Gert Weigelt

Bei besonders talentierten aus der Masse der guten und sehr guten Schöpfer von Kunst sind Vergleiche zu Genies aus der langen Geschichte der Kreativität schnell zur Hand. So titulierte die Washington Post den amerikanischen Tänzer und Choreografen Mark Morris als „Mozart of modern dance“ (Mozart des Modern Dance).

Derartige Zuschreibungen sind indes oft weniger charmant als intendiert, können sogar eine Bürde sein. Denn ist nun einmal ein derartiger Vergleich im Gehirn des Publikums festgesetzt, so färbt sich der Blick auf die Schöpfungen desjenigen, der so bezeichnet wurde, auf eine spezielle Weise. Unabhängig davon, dass die Choreografien Morris’ in der Tat von einer raffinierten Formensprache durchdrungen sind, zudem eine Leichtigkeit im Spiel mit der Bewegung, mit Eleganz und Ausdruck verbinden – derartige Beschreibungen sind immer nur Annäherungen – , ließe sich die Frage stellen, was nun besonders „mozartisch“ an seiner Kunst ist. Vielleicht, dass eines seiner Werke sich eben jenem Musikgenie widmend „Mozart Dances“ hieß? Mozart zeichnete übrigens gerade aus, dass er so betörend unscheinbar aus der Tradition seiner Rokoko-Umgebung herausbrach und das subtil Dunkle mit dem sprühend Leichten, das Sanfte mit einer immer vorherrschenden nebligen Vorahnung vereinigte. So oder so – Morris beeindruckt.

Ballett am Rhein widmet sich amerikanischen, modernen Tanz

Das Ballett am Rhein wird sich in seiner neuen Produktion mit dem Namen b.40 – diesmal ganz ohne eine Schläpfer-Schöpfung – vollumfänglich dem American Modern Dance widmen. Auftakt macht eben jener Mark Morris mit seinem Werk „Pacific“ nach Musik von Lou Harrisons Trio für Violine, Violoncello und Klavier. Lou Harrisons eklektisch auch auf mittelalterliche oder asiatische Idiome zurückgreifende Musik – jener lebte von 1917 bis 2003 – wird durch Morris Transformation in Bewegung gefügt, erhält eine Korrelation zwischen tänzerischen und emotional illustrativen Bewegungen, die auch mal an skulpturale Posen erinnern.

Die 1975 entstandene Choreografie „Locus Trio“ von Trisha Brown – sie wird unter amerikanischem Post Modern Dance subsumiert – wiederum spielt mit einer Art Enigma. Ein imaginiertes Quadrat, das im Raum mit 27 Punkten „versehen“ ist und als eine Art Code-Schablone für die Buchstaben des Alphabets fungiert. In Stille fügt sich ein „biographisches Statement“ in diese durch Bewegung erkundete Transkription von Wort in Form.

„Night Wandering“ von Merce Cunningham mit Musik von Bo Nilsson wurde 1958 in Stockholm uraufgeführt. Zu avantgardistischen Klavierklängen entfalten sich Bewegungen in einer dunklen – wie es in der Ankündigung heißt „verschneiten“ – Szenerie. Ein Dialog, ein in Tanzkunst entäußertes Gespräch, das aber in seiner Sprache mehr Rätsel aufgibt als vielleicht vermutbar. Annäherung und ein Hauch von Humor umschweben die sich umspielenden Figuren, wie die sich frei umspielenden Noten ist Nilssons Klavierpartitur.

Das Finale dieses Abends lässt den 2018 vertorbenen New Yorker Choreografen Paul Taylor aufleben. Hier ist Humor, das Spiel mit der Ironie weniger versteckt oder nur eine Ahnung des Betrachters wie bei Cunningham angewiesen, sondern ganz offengelegt. In seinen „Offenbach Overtures“ dreht sich rein musikalisch alles – wie der Name sagt – um Ouvertüren Jacques Offenbachs. Einstudiert wird diese Choreografie übrigens von Richard Chen See, der seit 1993 Mitglied in Paul Taylor’s Dance Company war. Er gilt als ausgewiesener Kenner von Taylors Tanzsprache. Diese zeigt insbesondere bei „Offenbach Overtures“ eine grenzenlose Spielfreude mit der bewussten Verballhornung von Ballettkonventionen, geht aber über das rein Satirische hinaus und sucht menschliche Verhaltensweisen zu entlarven, wie das Ballett am Rhein auf seiner Website erläutert.

Premiere am Samstag, 8. Juni um 19.30 Uhr. Es gibt noch Karten von 19 bis 90 Euro.