museum kunst palast: Der Mann, der gegen den Museumschef klagte
Stephan von Wiese leitete 31 Jahre die moderne Abteilung des museums kunst palast. Jetzt nimmt er Abschied. Der WZ stand er Rede und Antwort.
Düsseldorf. Herr von Wiese: Sie waren 31 Jahre am Ehrenhof für die Moderne zuständig und haben junge Talente in Ausstellungen wie "Treibhaus" und "Brennpunkt" gefördert. Wie gestaltete sich diese Basisarbeit im Einzelnen?
VonWiese: Ich zeigte Klauke, Rosenbach, Buthe, Paefgen, holte Künstler aus Holland und Amerika und brachte die Kölner und Düsseldorfer Szene zusammen. Gleichzeitig habe ich die klassische Moderne betreut, die Sammlung Costakis, Beuys, Kricke, Janssen, Miro, Zero etc.
Sie haben 1993 mit einem gewonnenen Prozess gegen Ihren Museumschef Schlagzeilen gemacht, worum ging es da?
Von Wiese: Um die Rechte des Kurators. Ich habe das Copyright für Hängungen erstritten. Das war wichtig für die Kollegen. Früher hatten die Chefs eine direktoriale Attitüde.
Sie gelten als ein 68er. Was hat diese Generation bewirkt?
Von Wiese: Einen Geisteswandel in der Gesellschaft. Die steifen Lebensformen, die vorgeschriebenen Verhaltensmuster, der Kommando-Ton sind einer rationaleren und bejahenderen Lebenseinstellung gewichen. Es wurde versucht, dem Leben neue Genussformen abzugewinnen. Die 68er Kunst machte sich mit Performances, Aktionen, Happenings bemerkbar.
Warum haben Sie das Interesse an der Jugend verloren?
Von Wiese: Es gab einen Paradigmenwechsel durch die Neubesetzung der Kunsthalle, die Gründung von K 21 und den Neubau des Kunstpalastes. Hinzu kam der Strukturwandel hier im Haus: Man wollte mehr Namen, die in der Kunstwelt schon eine Rolle spielten, anstatt junge Talente in die Welt zu setzen. Und ich bin älter geworden. Man ist immer auch in seiner eigenen Generation verwurzelt.
Finden Sie die jüngste Szene zu dekorativ oder unpolitisch?
Von Wiese: Es gibt spannende Künstler, aber die Risikobereitschaft hat bei den Jüngeren nachgelassen. Sie sind gezwungen, schnell in die Kunstszene hineinzuwachsen.
Die Fotoszene war kaum zu sehen, mögen Sie sie nicht?
Von Wiese: Sie wird hier zu einseitig gesehen. Mich hat die intermediale Arbeitsweise interessiert, dass Maler oder Bildhauer gleichzeitig fotografieren, und nicht die Isolierung in Fachbereiche.
Das Rheinische Fotoarchiv, mit dessen Überblick Sie sich verabschieden, kommt diesen Gedanken sehr entgegen.
Von Wiese: Fotografie, die das künstlerische Geschehen reflektiert, entsprang aus meiner täglichen Arbeit im Haus.
Was bedauern Sie?
Von Wiese: Dass man im Kunstpalast nicht mehr so experimentieren kann. Früher kam man jeweils mit 30000 Mark aus. Heute kosten Ausstellungen das Vielfache, weil man eine Architektur ins Gebäude bringen muss.
Ist der neue Kunstpalast steril?
Von Wiese: Er hat kein Profil. Er ist kein unverwechselbarer Ort.
Kann man das ändern?
Von Wiese: Ich wünschte mir mehr Lebendigkeit.
Lag dies am fehlenden Geld?
Von Wiese: Wir waren ein städtisches Museum mit sehr vielen Abteilungen von durchaus internationaler Bedeutung. Jede Abteilung musste zu ihrem Recht kommen. Dadurch wurden die Mittel mit der Gießkanne verteilt.
Hat es das Haus jetzt besser?
Von Wiese: Ja, dank der Kulturdezernenten Hans-Heinrich Große-Brockhoff und Hans-Georg Lohe. Oberbürgermeister Joachim Erwin sieht die Bedeutung der Kultur.
Was raten Sie Ihrem Nachfolger?
Von Wiese: Eine geistige Unabhängigkeit, eine eigene Stimme in der kulturellen Vielfalt der Stadt.
Was ist die Stärke des Hauses?
Vita Stephan von Wiese wurde 1943 in Hamburg geboren, machte seine Lehrzeit an der Staatsgalerie Stuttgart und leitete seit September 1976 die moderne Abteilung des Kunstmuseums am Ehrenhof, des heutigen museums kunst palast. Im Januar geht er in den Ruhestand.
Projekte Er ist Fachmann für Max Beckmann und Zero. Seine größten Erfolge galten Michael Buthe, Joseph Beuys und Miro.