Bedeutende Nachlässe Wertvoller Kunst-Nachlass bleibt in der Stadt

Düs · Der bedeutende Nachlass der auf Dix, Wollheim, Schwesig und Co. spezialisierten Galerie Remmert & Barth liegt nun im Stadtmuseum.

Johanna Ey, eine Grafik von Arthur Kaufmann.

Foto: Hans-Juergen Bauer/Bauer, Hans-Jürgen (hjba)

Künstler-Nachlässe sind lästig, aber wichtig. Aus ihnen lässt sich die Kunst- und Zeitgeschichte aus originären Quellen ablesen. Sie sind mehr wert als jede Sekundärliteratur. Aber sie brauchen Platz und Personal. Sie sind daher auf den guten Willen angewiesen, der nur sehr selten bei Politikern und Museumsleuten vorhanden ist. Wie steht es damit in Düsseldorf? Wir bringen eine gute und eine schlechte Nachricht.

Das Junge Rheinland brach mit dem künstlerischen Geist wilhelminischer Zeit, mit dem Hurra-Patriotismus und der Schlachtfeld-Mythologisierung. Seine Mitglieder bestimmten für zehn Jahre die Kunstszene des Rheinlands. Es ist ein Verdienst der Galeristen Peter Barth und Herbert Remmert, dass dieses wichtige Kapitel der Düsseldorfer Kunstgeschichte aufgearbeitet wurde. Seit 1980 machten sie ihre Galerie in der Altstadt für 38 Jahre zum Zentrum der Kunst in der Weimarer Republik und gaben den Düsseldorfern ihre Tradition der 1920er Jahre zurück.

Sie arbeiteten die unerforschten Dix-Jahre in Düsseldorf, die wilden Jahre des Aktivisten und Poeten Gert H. Wollheim, die Erlebnisse von Karl Schwesig und letztlich auch die Szene aus Berlin und Dresden auf. Sie entdeckten bei all den Witwen, Kindern und Enkeln „Primärware“ mit klarer Provenienz, die von niemandem zurückgefordert werden muss. Sie leisteten in regelmäßigen Publikationen beispielhafte Forschungsarbeit. Nun bleibt dieses Wissen als Nachlass der Galeristen in Düsseldorf, und den Mittelpunkt bildet Johanna Ey, die „Königin-Mutter der rheinischen Künstler“.

Die Kaufverhandlungen begannen schon unter dem damaligen Museumschef Beat Wismer. Gutachter wurden bemüht, Listen angefertigt, 30 Kartons landeten ursprünglich im Kunstpalast. Als aber Wismers Nachfolger Felix Krämer den Nachlass wegen fehlender Archivare nicht weiter verfolgte, kam das Stadtmuseum ins Spiel und erhielt den Zuschlag. Es hatte schon unter dem künstlerischen Leiter Wieland Koenig die Kunst der Weimarer Zeit gesammelt.

Das neue Achiv umfasst rund
1300 Einzelpositionen

Nun wird es mit der Heinrich-Heine-Universität zur Drehscheibe für Ausstellungen und Forschung. Das neue Archiv umfasst gut 1300 Einzelpositionen, Autografen, seltene frühe Publikationen, Fotos, Grafiken, Zeichnungen und Gemälde von über 40 Künstlern wie Otto Dix, Gert Wollheim, Jankel Adler, Otto Pankok, Adalbert Trillhaase oder Karl Schwesig. Hinzu kommen das Geschäftsarchiv und die Bibliothek der Galerie. Das alles bleibt in Düsseldorf.

Ende letzten Jahres gründeten die Schweizer Christian und Franziska Megert, die seit 1973 in Düsseldorf leben, eine Stiftung in Bern, die der „Stadt Bernischen Nachlass-Stiftung“ angeschlossen ist. Das ist bedauerlich für Düsseldorf, denn Megert vermittelte die Kunst der Zero-Freunde, schickte seinen begehbaren Spiegelraum 1968 auf die Documenta und hatte von 1976 bis 2002 den Lehrstuhl für „Integration Bildende Kunst und Architektur“ an der Kunstakademie Düsseldorf inne.

Der Mann aus Bern engagierte sich für andere, saß im Kunstbeirat der Stadt Düsseldorf und gewann hier Wettbewerbe zu drei Großskulpturen. Leider aber wurde die schönste Arbeit, die lange Zeit im Ehrenhof stand, zerstört. Der Brunnen im Südpark hat kein Wasser, und eine dritte Skulptur bräuchte eine Boden-Beleuchtung, damit keine Autos in der Kurve im Kunstwerk landen. Alles keine triftigen Gründe, um Düsseldorf mit unschätzbaren Werten zu beglücken.

So geben denn die Künstler ihre Werke und ihr Eigentum nach Bern, eine der wichtigen Zentren der Moderne. Immerhin soll die Zero-Stiftung im Stiftungsrat sitzen, denn nur so kann Düsseldorf an die großen Arbeiten von Megert kommen, die hinfort in der Schweiz versammelt werden.

Das kleine Bern könnte ein Vorbild für Düsseldorf sein. Mit seinen 130 000 Einwohnern bemüht es sich um Künstler-Nachlässe. Wir fragten Christian Megert, warum er seine Schätze nicht der Düsseldorfer Zero-Stiftung gibt? Megerts Antwort irritiert: „Hier macht man Piene, Mack und Uecker, sonst nichts.“ Die Chefin der Zero-Stiftung, Barbara Könches, bestätigt: „Unser Archiv sammelt alles rund um die Zero-Bewegung. Hauptaugenmerk liegt selbstverständlich auf den Gründern Mack, Piene, Uecker. Unsere personelle wie finanzielle Ausstattung erlaubt es nicht, umfangreiche Nachlässe aufzunehmen oder zu bearbeiten.“

Wie aber kommt das Stadtmuseum mit einem Ankaufsetat von 40 000 Euro zum Remmert-und-Barth-Archiv? Die Antwort gibt Kulturdezernent Hans-Georg Lohe: „Die Finanzierung stemmten Bezirksregierung, Lauterbach Stiftung, Landschaftsverband Rheinland sowie die Stadt, letztere mit 106 000 Euro. Das Stadtmuseum steuert die Etats von 2020 und 2021 bei, das sind 80 000 Euro.“ Will heißen: Drittmittel sind wichtig. Man muss sie nur wollen.

Museumschefs dürfen durchaus auch clever sein. So vermacht der Undergroundfilmer John Waters seine berühmte Kunstsammlung mit Werken von Warhol und Twombly dem Baltimore Museum und erhält dafür drei Schilder, indem zwei Toiletten und eine Rotunde nach ihm genannt werden.