Düsseldorf Open Source: Schicke Fans, derbe Songs
Von Krautrock bis Elektro: Die musikalische Bandbreite beim Festival war groß, der Ansturm der Besucher sogar ein Rekord.
Düsseldorf. Deutschsprachige Musik und Bands sind momentan angesagt wie selten. Das beweist auch ein Blick auf die Hauptbühne beim diesjährigen Open Source Festival: Abgesehen von den Headlinern Hot Chip aus London standen am Samstag ausschließlich deutsche Bands auf der Bühne. Das Festival zog laut Veranstalter 6500 Besucher zur Galopprennbahn am Grafenberger Wald und erlitt dank sommerlich-trockenem Wetter nicht das gleiche Schicksal wie einige andere Open-Air-Veranstaltungen, die wie „Rock am Ring“ im laufenden Anti-Sommer buchstäblich ins Wasser fielen.
Am späten Nachmittag werden die drei Bühnen von drei Bands bespielt, die unterschiedlicher nicht sein können und die unterstreichen, wie durchmischt das musikalische Angebot des Festivals ist. Das Indie-Duo „Schnipo Schranke“ aus Hamburg singt auf der Hauptbühne unverblümt über intensiven Spermageruch, Oralsex und Alkoholexzesse im Cluburlaub.
Die eigenwillige Mischung aus simplen Melodien, Fäkal-Lyrik und Retro-Sound kommt gut an. „Ich werde mir sicher ein paar Songs runterladen“, sagt Besucherin Sandra, die die Band vorher nicht kannte. „Ist halt mal was Anderes, nicht so 08/15“.
Zeitgleich überrascht die Berliner Max Graef Band auf Bühne zwei mit einer interessant-verspielten Mischung aus Jazz, Kraut und Elektro. Auf der Newcomer-Stage bestreitet die „Balkonien Gang“ aus Düsseldorf derweil ihren bisher größten Auftritt und sorgt mit energiegeladenem Party-Rap und einer engagierten Performance für ausgelassene Stimmung bei den Besuchern.
Überhaupt die Atmosphäre. „Die macht das Festival hauptsächlich aus“, findet Besucher Sinan Türkyilmaz. „Es ist sehr friedlich und entspannt. In dem Maße erlebt man das bei solchen Ereignissen eher selten.“ Das meint auch Jessica Volkmann, die zum ersten Mal eine Karte gekauft hat. „Das hat hier so eine richtige Wohnzimmer-Atmosphäre, was ich total angenehm finde. Und die Menschen sind alle schick gekleidet. Aber das erwartet man auch irgendwie von Düsseldorf“, sagt die Essenerin augenzwinkernd.
Sie schlendert gerade etwas abseits der Bühnen über den Führring der Rennbahn. Wo sonst vor den Rennen die Pferde begutachtet werden können, präsentieren am Montag junge Kreative aus der Region an insgesamt 20 Ständen ihre künstlerischen Arbeiten. Im Vergleich zu den Vorjahren wurde dieser Bereich deutlich vergrößert und bietet eine gute Alternative für all diejenigen, die mal eine kleine Musikpause einlegen wollen. Längst schon gilt das Festival auch als Treffpunkt für Kunstfans.
Auf der Hauptbühne wurden Schnipo Schranke mittlerweile von Get Well Soon abgelöst. Bei den Freundinnen Rabea und Lara kommt der üppig arrangierte, melodische Rock nicht so gut an. „Das klingt etwas steril“, finden die beiden und machen sich lieber auf den Weg zur Newcomer-Bühne. „Den Bands dort merkt man richtig an, wie viel Bock sie haben. Das ist bei den etablierten Künstlern leider nicht immer so“, meint Rabea.
Dazu passt die nachträgliche Kritik einer Besucherin an der Londoner Elektroband Hot Chip, die sie via Facebook-Post auf der Festivalseite äußert: „Nicht mal eine Zugabe vom Headliner?“