Premiere: Die Kleinbürgerhochzeit

Stürmischer Applaus für vertraute Figuren: Das Seta bringt Brechts „Die Kleinbürgerhochzeit“ auf die Bühne.

Düsseldorf. Lange muss das Premierenpublikum warten, bis ihm Einlass zum Bühnenraum des Juta an der Kasernenstraße gewährt wird. Später weiß man, weshalb: Der Tisch muss noch gedeckt werden für die große Feier. "Froh zu sein, bedarf es wenig", singt der Brautvater, während er Messer und Gabeln zurechtrückt.

Es wird Hochzeit gefeiert - "Die Kleinbürgerhochzeit" von Brecht, um genau zu sein. Alle, die geladenen und die ungeladenen Gäste sind gekommen, um zu essen, zu trinken, zu tanzen und fröhlich zu sein: kurz um Urlaub vom Alltag zu machen. Doch mit steigendem Alkoholspiegel sinken Hemmschwellen, und alle zeigen ihre weniger schönen Seiten.

"Ich wollte etwas Lustiges machen", sagt Regisseurin Marlin de Haan zur Auswahl des Stückes für die jährliche Produktion des Seniorentheaters Seta. Sie vermeidet den Fehler, Spaß mit Klamauk zu verwechseln. Und so entwickelt sich nach einem eher unmotivierten Kopfputztausch am Anfang herrlich spießiges Bürgertheater, das seine Spannung ganz aus sich bezieht - aus der lapidaren Erzählung und den impressionistisch hingetupften Charakterisierungen.

Für die betagten Darsteller scheint es ein Heimspiel zu sein, so leicht und locker und voller Spielfreude schlüpfen sie in die von Brecht angelegten Rollen. Denn wer wird nicht an heimische Feste erinnert, wenn der Brautvater (herrlich altersstarrsinnig: Gerd Hendricks) zum wiederholten Mal ansetzt, eine Geschichte zu erzählen und von Tochter, Frau und dem Rest der Familien immer wieder gestoppt wird.

Wer kennt nicht das Heimchen am Herd (Inge Kollra als Mutter des Bräutigams), das, um abzulenken, immer wieder fragt, ob das Essen denn geschmeckt hat. Auch die beste Freundin (auffallend im knatschroten Outfit und aufgedreht: Brigitte König), deren Lebensinhalt aus Sticheleien zu bestehen scheint, ist niemandem eine Unbekannte.

Und gestichelt wird über alles und jedes: die selbstgebauten Möbel, deren Leimgeruch flaschenweise mit Eau de Cologne übertüncht wird und die kaum noch zu kaschierende Schwangerschaft der Braut. Und dazwischen das Brautpaar: Er (Erwin Gruber) schier vor Stolz platzend über das im wahrsten Wortsinn zurechtgezimmerte Heim, für das er fünf Monate jede freie Minute geopfert hat. Sie (Gisela Lang) eher frustriert, weil während dieser fünf Monate ihr Zustand immer offensichtlicher wurde. "Dabei wollte ich es wie eine Frühgeburt aussehen lassen."

Als sie sich dann beim Hochzeitstanz auch noch mit ihres Mannes Freund amüsiert (herrlich hallodrihaft: Wilhelm Hodall), und zeitgleich die Möbel zusammenzubrechen drohen, eskaliert die Situation. Man giftet sich gegenseitig an und verlässt nach und nach die Bühne. Nur der Brautvater bleibt gelassen: "Über die Möbel können wir noch reden." Schließlich hat er noch die Einrichtung des Großvaters auf dem Speicher - auch das Bett, in dem dieser einst verschied. Stürmischer Applaus.

Aufführungen: Samstag, 20 Uhr, Sonntag und Dienstag 15 Uhr, FFT Juta, Kasernenstraße 6.

Inszenierung: nnnnn Ensemble: nnnnn Bühne: nnnnn