Reden ist Silber, Poetry-Slammen ist Gold
Stella Volkenand (18) tritt am Donnerstag bei den 13.Deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam an.
Düsseldorf. Angestaubt und steif ist der Literaturbetrieb längst nicht mehr. Junge Poeten wie Stella Volkenand hauchen ihm neues Leben ein. Ihre Mittel sind Gedichte und Alltagsgeschichten, die das Publikum fesseln. In Poetry Slams messen sie sich anhand ihrer selbst geschriebenen und vorgetragenen Texte. Die Gunst des Publikums entscheidet, welcher der Dichter in die nächste Runde einzieht. Am Donnerstag stehen die 13. Deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam erstmals in Düsseldorf an. Es ist das größte Festival der Bühnenliteratur in Europa mit über 200Teilnehmern. Stella Volkenand tritt für Düsseldorf in der Gruppe der Unter-20-Jährigen an.
Für die 18-Jährige sind Einzüge in die Finalrunden von regionalen Wettbewerben schon längst so gut wie selbstverständlich. Formulieren würde es die bescheidene Schülerin so aber nie. Sie hat bereits den ARTig-Award im Bereich Literatur gewonnen - für ein Hörbuch. "Ich mag Texte am liebsten, die fürs Hören bestimmt sind", sagt die Gymnasiastin aus Gerresheim. Schreiben, das liegt dem Mädchen mit einem Faible für englischsprachige Autoren wie T.C. Boyle oder Nick Hornby. Schon im Kindergarten habe sie Comics gezeichnet, in der ersten Klasse kamen die Sprechblasen hinzu. Antiquierte Lyriker hingegen lassen sie kalt.
Zum Slammen kam die Schülerin über die Schreibwerkstatt des Zakk. Hier kam sie unter anderem mit dem, wie Stella sie nennt, "Düsseldorfer Urgestein des Poetry Slam", Pamela Granderath, in Kontakt und lernte von ihr. Nach gründlichen Überlegungen und Abwägungen darüber, wie sehr man sich blamieren könnte, meldete Stella sich schließlich zu ihrer ersten Poesieschlacht in Remscheid an.
"Es war schon irgendwie seltsam auf der Bühne zu stehen, zumal ich schon bei Referaten vor 20 Klassenkameraden nervös bin. Sobald aber die ersten Lacher und das erste Klatschen zu hören waren, fiel die ganze Anspannung von mir ab", sagt Stella. Das sei auch heute noch so. Zu verwechseln seien die Poesieschlachten aber keinesfalls mit "blöder Comedy". Auf dumpfe Lacher ist keiner der jungen Poeten aus. "Meistens schreibe ich Gedichte, die abgeschlossene Alltagsgeschichten erzählen."
Dabei achte sie penibel darauf, dass die Anzahl der Silben in jedem Vers gleich sei und die Reime funktionieren. "Schon kleine Stolpersteine können den Vortrag kaputt machen." Zu persönlich darf es für Stella in ihren Texten aber nicht zugehen: "Ich klappe bestimmt nicht mein Tagebuch auf und erzähle von meinem letzten Liebeskummer."
Pro Slam trägt sie zwei bis drei eigene Texte vor. Während des Schreibens entwickelt sich ihr Ehrgeiz dann zur Höchstform. "Wenn ich an etwas Spaß habe, entwickele ich eine Art Wahn - alles muss dann perfekt sein. Auf der anderen Seite bin ich total schludrig, was beispielsweise Termine angeht."
Wenn sie eine spontane Idee hat, kann ein Text schon in einer Stunde fertig sein. "Manchmal ist es aber auch sehr mühselig und dauert viel länger", verrät Stella.
Den anstehenden Poetry-Slam-Meisterschaften steht sie ziemlich gelassen gegenüber. "Mal sehen, was da für Kaliber auf mich zukommen", sagt Stella. "Momentan überwiegt die Freude auf die vielen Kollegen." Denn es gibt einen Kodex unter den Poeten: Konkurrenzkampf gibt es nicht. Man korrigiere sogar untereinander die Texte, erzählt Stella. "Außerdem verliere ich lieber gegen Leute, die gut sind, und habe dann wenigstens einen unterhaltsamen Abend."
Einen Grund nervös zu werden, gibt es allerdings doch für sie: Wenn bekannte Gesichter im Publikum zu erkennen sind. "Wenn ich mich blamiere, muss ich ihnen immer wieder ins Gesicht gucken."