Japanischer Künstler in Düsseldorf Der Künstler Takeshi Makishima wundert sich noch heute

Japanische Maler und Bildhauer drängen nach Düsseldorf, weil sie hier jobben und preiswert studieren können. Aber ihnen wird hier nichts geschenkt.

 Der Japaner Takeshi Makishima ist in seinem Düsseldorfer Atelier noch ein Geheim-Tipp.

Der Japaner Takeshi Makishima ist in seinem Düsseldorfer Atelier noch ein Geheim-Tipp.

Foto: Helga Meister

Mit 18 Jahren kam Takeshi Makishima 1998 von Fukuoka nach Düsseldorf, um hier zu studieren. Das ging damals völlig unbürokratisch, ohne Zeugnis, ohne Deutschkurs, ohne Stipendium. Er landete an der Kunstakademie bei Luise Kimme, und verstand nichts. Er sagt rückblickend: „Ich kam mir anfangs vor wie ein Depp. Ich war ganz jung und ohne Sprache. Es war ein Sprung ins kalte Wasser. Aber mein Ziel war es, in Düsseldorf zu studieren.“

Der Start in die Welt der Kunst fand in einer Besenkammer statt

Seine Kommilitonen aus Asien, vor allem aus Korea, waren meistens schon fertig ausgebildet und holten sich hier die nötigen Weihen, um bei der Rückkehr in ihre Heimat zu reüssieren. Takeshi aber war ein blutjunger Anfänger. Er hörte zu, sprach wenig, aber blieb. Noch heute hat er dieses Staunen in seinen Augen, mit denen er die Welt betrachtet und auf die Leinwand bringt.

Seine erste Ausstellung, bei der ich ihn entdeckte, fand in der Besenkammer der Kunstakademie beim Rundgang statt. Mit seiner Kommilitonin Rosilene Luduvico hatte er den engen Raum in eine Welt voller Erzählungen verwandelt. Sein Professor war Siegfried Anzinger, bei dem er Meisterschüler wurde und das Diplom machte.

In der Technik macht er keinerlei Anleihen bei der traditionellen japanischen Malerei, dieser leichtfüßigen Kunst mit der Leimfarbe. Dennoch wohnt seinen Ölbildern eine gewisse Rätselhaftigkeit inne, die auf fernöstliche Traditionen schließen lässt. Er kennt keine Perspektive. Alle Bildsegmente werden nach vorn geklappt, sind schattenlos, sind Bild im Bild. Der Übergang zwischen dem realen Tisch und der Phantasie ist gleitend.

Zuweilen angeln sich seine Figuren im Bild einen Stern und kombinieren dabei reales und kosmisches Geschehen. Der große Bildraum birgt unzählige kleine Räume. Es ist das Minimale im Maximalen, das in der japanischen Moderne beliebt ist. Man entdeckt die Teeschale in der großen Weite. Eine leichte Melancholie wohnt den Bildern inne, die auch Außenstehende fasziniert, so dass er inzwischen durch Stipendien und Residenzen in London oder New York überleben kann.

Einen Bonus durch die japanische Kolonie hat er jedoch nicht. Die hiesigen Japaner konzentrieren sich auf die Wirtschaft. In den 20 Jahren seines Daseins in dieser Stadt sei nicht ein einziger Japaner in sein Atelier gekommen, sagt er. Es ist hart, hier zu leben und zu malen, nicht nur für ihn.

Es dauerte lange, bis man ihn zur Kenntnis nahm. Karl-Heinz Rummeny zeigte ihn im Parkhaus, Ulrike Groos in der Kunsthalle. Inzwischen war er im Nationalmuseum in Osaka und in einer Galerie in Tokio dabei. Aber er meint: „Als Japaner in Düsseldorf und als Düsseldorfer in Japan hat man es schwer.“ Dennoch spricht er vom „Glück“, hier zu sein. Im Hinterhof unweit vom Hauptbahnhof hat er sein Atelier und hofft, dass die Gegend nicht allzu schnell saniert und unbezahlbar wird.

Seit den 1990er Jahren studieren japanische Künstler in Düsseldorf. „Japandort“ nannte sich 1999 eine Ausstellung der Megert-Klasse in Thun. Damals schnappten sich viele junge Japaner ihre Mappe und machten sich auf den Weg. Sie wollten ein freieres und offeneres Leben führen als in ihrer auf Tradition bedachten Heimat. Auch Frauen waren darunter, die in Japan viel Energie hätten aufbringen müssen, um Künstlerinnen zu werden. Sie kämpften anfangs auch gegen die Widerstände der eigenen Familie, die die Abreise in den seltensten Fällen billigten.

Auch 20 Jahre später studieren die jungen Leute aus dem Lande Nippon gern am Eiskellerberg, denn das Studium ist spottbillig im Vergleich zu den Gebühren in ihrer Heimat. Dort müssten sie an einer staatlichen Hochschule gleich im ersten Jahr zwischen 8000 und 9000 Euro hinblättern. Außerdem wäre eine hohe Immatrikulationsgebühr fällig. In Düsseldorf beträgt der Semesterbeitrag lediglich 318 Euro. Neun Japaner und sechs Japanerinnen machen derzeit davon Gebrauch. Sie benötigen für die Einschreibung ein bestandenes Sprachzeugnis, eine Krankenkasse und Zeugnisse in deutscher Sprache.

Düsseldorf ist auch aus einem zweiten Grund attraktiv für sie. Hier leben 8400 Japaner, in NRW sind es rund 14 800. Japanische Firmen, die rund 52 600 Menschen beschäftigen. Das macht Düsseldorf für Newcomer attraktiv, denn sie können hier jobben und gleichzeitig studieren, so dass sich Kunst und Leben bei bescheidenen Ansprüchen einigermaßen verquicken lassen. Begehrt sind Jobs als Hostessen oder Dolmetscher. Sie werden gern von Frauen ausgeübt, die  schneller als ihre männlichen Kollegen die fremde Sprache lernen. Als Nicht-EU-Mitglieder erhalten sie über ihren Studentenausweis eine Aufenthaltserlaubnis. Ein „Künstler-Visum“ gilt für jeweils fünf Jahre, bevor es verlängert werden muss.