Düsseldorf. "Halloh, meine sauberen Herren Brecht und Weill, Ihre Tage dürften wohl ebenfalls so gezählt sein wie die Ihrer Abschaumstadt Mahagonny", schreiben rechtslastige Zeitungen 1930 über die Oper "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny". Sie bezeichnen das Stück als "übelste kommunistische Propaganda" und zeigen damit einmal mehr, wie tendenziös manches Feuilleton noch vor der Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten agierte. Hitler besiegelte dann das Schicksal aller nichtkonformen Musiker.
Der Vater des Komponisten Erdmann wurde von den Nazis ermordet
In der Tonhalle erklang nun unter dem Titel "Das verdächtige Saxophon" das zweite Konzert zur Ausstellung ",Entartete Musik’ im NS-Staat". Auf dem Programm stehen neben Weills Mahagonny-Suite auch zwei Saxophonkonzerte sowie Darius Milhauds "La Creation du monde", "Die Erschaffung der Welt". Der Saxophonist Detlef Bensmann und das Orchester des Düsseldorfer Altstadtherbstes stehen unter der Leitung von Mark-Andreas Schlingensiepen. Bensmann ist Widmungsträger des 1989 entstandenen Saxophonkonzerts von Dietrich Erdmann (geboren 1917), dessen Vater Sozialist war und von den Nazis 1939 ermordet wurde. Bensmann spielt in diesem Werk das Sopran- und Altsaxophon mit hoher Klangsensibilität, verzichtet auf Schärfen und konzentriert sich vor allem auf weiche Töne. Das Konzert selbst wirkt eher spröde. Stilistisch orientiert sich Erdmann an seinem Lehrer Paul Hindemith, komponiert also sehr gelehrt und kontrapunktisch. Von eloquenterer Tonsprache ist das Konzert für Altsaxophon und Orchester des 37-jährig im Krieg gefallenen, hochbegabten Edmund von Borck (1906-1944). Kurt Weill gehört zu den Missverstandenen der neueren Musikgeschichte. Die Nazis machten sich keine Mühe, sich mit seinen Klängen ernsthaft auseinanderzusetzen, heute schiebt man ihn gerne in die Schublade des Unterhaltungsgenres. Doch allein die Mahagonny-Suite mit ihrem Alabama-Song, mit Witz, Rhythmus und Farbreichtum gespielt vom Altstadtherbst-Orchester, zeugt von einem im klassischen Sinn soliden Kompositionshandwerk und einer originären Handschrift.
"Entartete Musik" in der Tonhalle Ausstellung Die Exponate zur Ausstellung ",Entartete Musik’ im NS-Staat sind noch bis zum 10. März im Foyer der Tonhalle zu sehen. Vor 70Jahren hatte die originale Zurschaustellung ungeliebter Musiker (das Foto zeigt das rassistische Originalplakat) in Düsseldorf stattgefunden. Den Rahmen bildete eine große Propaganda-Veranstaltung, die "Reichsmusiktage" vom 22. bis 29.Mai 1938. Als Hauptverantwortlicher der Ausstellung "Entartete Musik" gilt Hans Severus Ziegler, ein früher Anhänger Adolf Hitlers.
Abschlusskonzert Das letzte Konzert der Reihe "Das verdächtige Saxophon" bestreitet am 8. März, Beginn 20 Uhr, das Notabu-Ensemble in der Rotunde der Tonhalle. Auf dem Programm stehen Werke von Paul Hindemith, Erwin Schulhoff, Anton Webern, Hans Krása und Rudolf Karel. Karten gibt es unter Tel. 0211/899 61 23.