Tonhalle: Marketing für Klassik-Muffel
Ein neues Konzept und eine Werbekampagne sollen die Jugend begeistern.
Düsseldorf. Sie seien die Horror-Zielgruppe, die 13- bis 19-Jährigen, sagt Tonhallen-Intendant Michael Becker. Teenager stünden im Ruf, um klassische Konzerte einen großen Bogen zu machen.
Für ebendiese Jugendlichen ist die Reihe "3-2-1-Ignition" konzipiert. Die Konzerte verbinden außermusikalische Themenbereiche, die Jugendliche interessieren könnten, inhaltlich mit klassischer Musik. Angestrebt wird gewissermaßen eine Initialzündung.
Nun geht das Haus noch einen Schritt weiter und fasst die für Kinder und Jugendliche konzipierten Reihen wie "Big Bang", "Tonfrequenz" oder die Konzerte des Jugend-Symphonieorchesters (JSO) unter dem Titel "Junge Tonhalle" zusammen.
Da der Intendant noch immer gerne mit Begriffen spielt, die darauf aufmerksam machen sollen, dass das heutige Tonhallen-Gebäude einst als Planetarium erbaut wurde, heißt der Oberbegriff für die pränatalen und kindgerechten Konzerte wie "Ultraschall" (für schwangere Frauen), "Himmelblau" (0-2) und "Sternschnuppen" (Familienkonzerte ab 6 Jahren) nun "Milchstraße".
Die Tonhalle gibt sich nach der schon zu Beginn von Beckers Amtszeit abgeschlossenen Verjüngungskur also ein zweites Lifting. Bereits jetzt kann die Tonhalle auf ein Ranking hinweisen, bei dem herauskam, dass die Tonhalle zu den Kultureinrichtungen der Stadt gehört, die bei Jugendlichen mit am bekanntesten sind.
Fast allen befragten Jugendlichen war die Tonhalle namentlich bekannt, mehr als die Hälfte war schon einmal dort. Damit rangiert die Tonhalle vor Schauspielhaus, Oper und Tanzhaus. Eingeholt wird das Konzerthaus nur noch vom Aquazoo und den Stadtbüchereien.
Lob kommt jetzt auch noch aus Berlin: Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ursula von der Leyen, bezeichnet die Tonhalle als "Vorbild in der musikalischen Kinder- und Jugendarbeit". Die Ministerin schreibt, sie übernehme gern die Schirmherrschaft für dieses "Vorzeigeprojekt".
Mit einprägsamen, etwas juvenilen Sprüchen wirbt die Tonhalle für ihr Programm. Da heißt es etwa: "Wie mit Flüssigsprengstoff gurgeln" oder "Wie ein Pottwal mit Whiskey-Stimme". Man kommt kaum umhin, hier eine etwas anbiedernde Art festzustellen. Auch als sich der Intendant am Dienstag beim 5. Konzert der Reihe "3-2-1-Ignition" an die Jugendlichen wandte und betonte, dies sei nun "Eure Tonhalle", konnte dieser Eindruck entstehen. Andererseits spricht die wachsende Akzeptanz der Tonhalle bei Jugendlichen eindeutig für das Konzept.