Verhaspler aus der Zeitschleife
komödie Begeistert wurde Thorsten Hamer als Star der Heinz-Erhardt-Revue gefeiert.
Düsseldorf. Willkommen in der Zeitschleife. Während draußen vor der Tür die Debatten um Hartz IV und Integration toben, fühlt man sich in der Komödie wieder in die Zeit des Wirtschaftswunders zurückversetzt. Als es mit der jungen Bundesrepublik nach dem verlorenen Krieg wieder aufwärts ging und die Deutschen stur nur nach vorne blickten, durfte auch wieder gelacht werden. Und der Mann, der Nachkriegsdeutschland wie kein anderer zum Lachen brachte, hieß Heinz Erhardt (1909 bis 1979).
Der große, linkische Schelm traf mit seinem hintersinnigen, aber harmlosen Wortwitz den Humor-Nerv seiner Generation. Dass dieser Humor über fünfzig Jahre später immer noch zündet, beweist Erhardt-Darsteller Thorsten Hamer. Bei der Revue "Was bin ich wieder für ein Schelm" kringelt sich das Publikum bereits bei der Begrüßung: "Ich heiße nicht nur Erhardt, sondern Sie auch willkommen."
Der 27-Jährige ist verblüffend nah am Original. Der Tonfall, das Zerstreute und die Verhaspler sind ebenso perfekt einstudiert wie die gesamte Körpersprache. Hamer ist Erhardt - vom ständigen Nesteln an den Sakkoaufschlägen, dem vornüber geneigten Oberkörper mit den schlenkernden Armen bis hin zum leichtfüßigen Getänzel.
"Noch ’n Gedicht" heißt es in bester Erhardt-Manier immer wieder, und obwohl das Publikum die meisten Pointen kennt und oft sogar mitspricht, tut das der Heiterkeit keinen Abbruch. Altbekannte Verse werden listig angekündigt: "Jetzt ein Gedicht über den 1. FC Köln. Die Überschrift hat nichts mit dem Verein zu tun: Fußball." Hamer ist offensichtlich bewusst, wo er an diesem Abend auftritt.
Zu einer Revue gehört natürlich auch Musik, und die Auftritte mit dem Pianisten Daniel Große Boymann und Sängerin Hella-Birgit Mascus sind echte Glanzlichter. Das "Fräulein Mabel" (Beine, so krumm wie ein Säbel) wird ebenso besungen wie die "Luisenstraße 13" oder "Mein Mädchen". Daniel Große Boymann übernimmt auch den Part des Sonnenlied-Sängers in dem legendären Fernseh-Sketch mit Rudi Carrell, bei dem man ja haargenau weiß, was passiert, so oft hat man ihn schon gesehen.
Und trotzdem: Wenn der erste Wasserguss auf Hamer runtergeht, wiehert der Saal vor Vergnügen. Nachdem das Premierenpublikum noch die tragische Geschichte von der "Made" mit auf den Heimweg bekommt, verabschiedet sich Thorsten Hamer unter donnerndem Applaus im Erhardtschen Doppelsinn: "Drum bleibe ich, wenn es mir auch schwer ward, nur der Darsteller vom Heinz Erhardt."