Wie aus jungen Leuten Künstler werden

Udo Dziersk ist Professor im Orientierungsbereich der Kunstakademie und freier Maler.

Düsseldorf. Als Udo Dziersk vor neun Jahren von seinem ehemaligen Lehrer Markus Lüpertz den silbernen Akademiering ausgehändigt bekam, war es ein Überraschungscoup. Der neue Professor für den Orientierungsbereich der Kunstakademie hatte keinen nennenswerten Lebenslauf, keine Gastprofessur an einer anderen Hochschule vorzuweisen. Doch das ist Schnee von gestern. Der Wuppertaler hat sich längst einen guten Ruf als Pädagoge und Künstler geschaffen.

Der „Prof“ ist montags und dienstags in der Pfandleihe, dem Gebäude neben der Kunstakademie. Montags gibt er Aktzeichnen. Alle zwei Wochen dienstags finden Kolloquien statt, im Beisein der vier Lehrbeauftragten für Malerei, Bildhauerei und Medien sowie des Assistenten. Fünf der 60 bis 80 Anfänger müssen dann ihre Werke vorstellen. Sie lernen, sich verbal und künstlerisch zu artikulieren. Zudem werden pro Semester mindestens zwei Museen besucht. Das „historische Bewusstsein“ sei ein wichtiger Teil des Unterrichts. „Man kommt um die alten und die älteren Meister nicht herum“, sagt er.

Nach dem ersten Semester gibt es einen internen Rundgang. Dziersk: „Die Studenten dürfen sich nicht zu schnell zufriedengeben. Man muss sich für eine Sache auch unbeliebt machen können.“ Jeweils 15 Minuten spricht er mit den Jungkünstlern. „Ich biete ein volles Programm mit Kolloquien, Exkursionen, Kommentaren und Ausstellungen.“

Im Juli ist die Abschlussprüfung. Da entscheide sich, ob jemand eine Nachprüfung machen müsse, oder ob der Anfänger den Status eines Akademiestudenten erhalte. Dann müsse er eine Klasse finden, die ihn aufnimmt. Dziersk: „Meistens schauen die Professoren schon im Laufe des Jahres vorbei, lassen sich Empfehlungen geben oder schicken ihre Tutoren.“ Dennoch komme es vor, dass die Eleven zwar die Prüfung bestehen, aber keinen Professor haben. „Man muss sich bemühen, eine Klasse zu finden. Das ist eine Leistung, die wir auch erbringen mussten“, sagt er.

Die eigene Kunst wird trotz der Lehre nicht vernachlässigt. Eine Ausstellung in der Von Fraunberg Art Gallery beweist, wie beobachtend und analysierend Dziersk vorgeht. Er reagiert auf die Außenwelt, in diesem Fall war es die Busfahrt ins türkische Taurus-Gebirge. Er zeichnete die zerklüfteten Berge, die Abhänge und Täler, hängte die 40 Skizzen im Wuppertaler Atelier auf und nahm sie sich ein Jahr später wieder vor. Die Motive, die er aus dem Auto heraus notiert hatte, verwertete er wie die Fragmente eines Puzzles. Aus Pass, Schneefeld, Aussichtsplattform und Geäst baute er seine Bilder.

Es sind Konstrukte. In ihnen analysiert er den Farbauftrag, die feinen Lasuren oder dickpastigen Farben. Häufig wechselt er den Gestus, der mal fein, mal rabiat wirkt. Auch die Perspektiven differieren. Zuweilen geht er beim „Finish“ mit dem Pinsel über die Oberfläche, egalisiert die Lasuren. „Weglasieren“ nennt er das. Es müsse halt alles „stimmen“.