Zurück auf die Bühne: Interview mit der Schauspielerin Susanne Tremper

Nach ihrer schweren Operation probt Susanne Tremper wieder: Sie wird die Callas spielen.

Düsseldorf. Als Susanne Tremper am Silvesterabend während ihrer Vorstellung als Edith Piaf im Schauspielhaus zu Boden stürzte, spürte sie zum ersten Mal, dass auch Vollblutkünstler sterblich sind. Uni-klinik, Operation, wochenlange Ruhepause — die Berliner Pragmatikerin Tremper wurde regelrecht aus dem Verkehr gezogen. Seit zehn Tagen jedoch steht die 63-Jährige wieder auf der Bühne und probt für das Stück „Meisterklasse — Maria Callas“, das am 21. März in der Komödie an der Steinstraße Premiere feiert.

Frau Tremper, wie geht es Ihnen?

Susanne Tremper: Prächtig.

Das war vor ein paar Wochen noch anders.

Tremper: Allerdings. Wenn ich den Ärzten glauben soll, und das muss ich wohl, dann ging es bei mir um Leben und Tod. Ausgerechnet mir, die nie krank ist und noch nie im Krankenhaus lag. Wenn wenigstens ein ungesundes Leben daran schuld wäre. . . , aber ein solches führe ich ja gar nicht. Ich treibe viel Sport, ernähre mich gesund, gehe früh ins Bett.

Zunächst hieß es, Sie hätten einen Schlaganfall erlitten, das wurde dann aber ausgeschlossen.

Tremper: Ja, Schlaganfall war der Erstverdacht, der sich jedoch nicht bestätigte. Es hatte sich eine Fistel in meinem Kopf gebildet. Offenbar das Ergebnis eines Unfalls, den ich vor zwei Jahren im Schauspielhaus hatte, als ich in „Black Rider“ auf der Bühne stand. Ich bin gestürzt und unglücklich aufs Gesicht gefallen. Gut möglich, dass dadurch Blutgefäße verletzt wurde. Am Silvesterabend spürte ich zunächst einen Druck im Nacken, dann sackte mein linkes Bein weg.

Haben Sie mitbekommen, was Ihnen da widerfährt?

Tremper: Ja, ich hab’ sogar noch überlegt, wie ich die Situation retten kann. Ich dachte, vielleicht merkt keiner ’was, wenn ich die betrunkene Piaf spiele. Aber da kamen schon die Ärzte angelaufen. Gut, dass gleich vier Mediziner in der Vorstellung waren, sonst hätte ich nach einer kurzen Verschnaufpause vermutlich weitergemacht. Aber bei so viel Widerstand musste ich mich fügen.

Sie wollten auf die Bühne zurück?

Tremper: Aber klar doch. Ich spürte ja keine Schmerzen, und mein Bein ließ sich auch rasch wieder bewegen.

Der Vorfall ist keine zwei Monate her, und Sie stehen trotzdem schon wieder auf der Bühne. Was treibt Sie, der Ehrgeiz?

Tremper: Nun ja, eigentlich wollten mich die Ärzte zunächst in eine Reha schicken. Ich konnte sie jedoch davon überzeugen, dass ich es auch zu Hause ruhig angehen lassen würde. Es ging auch gar nicht anders, das musste ich sehr bald sehr deutlich lernen. Ich wollte ja so gerne wieder Piaf-Vorstellungen geben. Als ich jedoch mit den Proben begann, merkte ich: Ich konnte den Druck nicht aushalten, Erwartungen erfüllen zu müssen, die ich zwar erfüllen wollte, aber nicht konnte. Also bin ich nach Hause gefahren und habe zwei Wochen lang auf dem Sofa gelegen. Schritt für Schritt habe ich mich dann wieder an die Arbeit herangetastet.

Maria Callas zu spielen, ist keine leichte Übung.

Tremper: Wenn es mir bei den Proben zu viel wird, sage ich es. Zudem singt sie in dem Stück als Unterrichtende, nicht als Solokünstlerin. Und ich wollte es doch so gerne machen. Siebenmal wurde mir angeboten, bei der Produktion „Meisterklase — Maria Callas“ mitzuwirken. Jedes Mal hatte ich andere Verpflichtungen. Als mich die Komödie jedoch im vergangenen Jahr fragte, war klar, dass ich Zeit haben würde. Es ist großartig, die Callas spielen zu dürfen.

Es heißt, Sie sind mit ihrer Musik seit der Kindheit vertraut.

Tremper: Das stimmt. Ich habe als Vier-, Fünfjährige mit meinem Vater abends auf dem Sofa gesessen und Opern gehört. Das hat nachhaltig auf mich gewirkt. Wenn sonntags die ganze Familie zum Essen zusammenkam, lief im Radio der Klassiksender und mein Vater fragte mich nach jedem Stück: „Schäfchen, was war das?“ Ich antwortete brav: „Peppi, was da so plätschert, war Bach.“ Auf diese Weise habe ich mir sonntags fünf Mark verdient.

Und die Callas?

Tremper: Sie habe ich geliebt! Sie musste für alle meine Tränen in der Pubertät hinhalten. Es ist einfach unglaublich, wie bei ihr irrsinniges Können und Fleiß zusammenkommen. Ihre Triller sind nicht von dieser Welt. Ich habe in Berlin eines ihrer letzten Konzerte gehört und am Ende eine Viertelstunde lang vor Begeisterung geschrien. Alle haben geschrien. Dabei gelang ihr nur eine Arie, der Rest war nicht besonders, aber wir wollten uns bei ihr bedanken für das, was sie uns mit ihrem Gesang gegeben hat.