Düsseldorf. Auftritte von "Hörsturz" haben ihre Tücken. Denn Bühnen sind in den seltensten Fällen behindertengerecht. Und Solo-Gitarrist Holger Oppermann ist kein Leichtgewicht. "Da müssen wir uns manchmal schon etwas einfallen lassen. Wir haben auch schon mal aus zwei Stehtischen eine Rampe gebaut, damit wir ihn auf den Bühne bringen konnten", lacht Manager Karl-Peter Schnaß, dessen Ehefrau Dagmar die Keyboards bedient.
Denn Holger ist kein Gitarrist wie jeder andere. Der 43-Jährige ist querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. "Für mich ist das etwas ganz Normales. Andere sagen mir nach den Auftritten oft, dass sie es klasse finden, was ich mache." Wie andere junge Rock-Fans hat er mit 15 Jahren angefangen, Gitarre zu spielen. Holger trat als Straßenmusiker auf und gründete 1986 seine erste Band. Seitdem ist er dabei geblieben, schon seit mehr zehn Jahren rockt er bei "Hörsturz".
Holger hat nicht nur flinke Finger, er ist aus der Sportlichste in der Band. Jeweils zweimal hat er schon in Düsseldorf und Berlin den Rollstuhl-Marathon mitgefahren: "Dabei fiel mir auf, dass es viele Behinderte gibt, die im Sport aktiv sind, aber nur ganz wenige in der Kultur. Es würde mich freuen, wenn ich da ein gutes Beispiel für andere sein kann."
Gegründet wurde die Band im August 1996, alle Mitglieder bis auf die Dame an den Tasten sind Beamte. "Wir haben damals ein großes Oldie-Fest im Ausländeramt organisiert und wollten die Musik unbedingt selbst machen", erinnert sich Karl-Peter Schnaß. Auch der Name war schnell gefunden: "Unser Abteilungsleiter hatte damals einen Hörsturz. da haben wir uns eben so genannt." Der Mann ist inzwischen im Ruhestand.
Das Konzert im November war ein Riesenerfolg. Und da man eifrig geübt hatte, gab es keinen Grund, die Instrumente wieder im Keller verschwinden zu lassen. Also spielte die Band weiter, bis zu zehn Auftritte im Jahr stehen im Termin-Kalender. Wenn die rockenden Beamten ihre Klassiker von den Stones über Creedence Clearwater Revival bis zu Marius Müller-Westernhagen auf die Bühne zaubern, kommt vor allem eins beim Publikum an: jede Menge Spaß.
Das hat "Hörsturz" auch schon mal den Proberaum gekostet. Oppermann: "Wir haben zeitweise im Keller der Marien-Kirche an der Ostsraße geübt. Da kam dann plötzlich der Pastor nach unten und beklagte sich, dass der Altar wackelt." Das darf nicht sein. Inzwischen probt die Gruppe an der Akademiestraße mitten in der Altstadt - da gibt es auch einen Aufzug.
Neben Geburtstagen, Hochzeiten oder Straßenfesten hat die Band schon seit elf Jahren immer einen großen Auftritt im November, denn so lange organisiert "Hörsturz" schon das "Just for Fun-Festival" im Haus der Jugend. Obwohl die Musiker schon jede Menge Erfahrung haben, wird zurzeit besonders eifrig geprobt. Denn auf der größten Kirmes am Rhein wird "Hörsturz" gleich zweimal im Uerige-Zelt auftreten, am Dienstag und am Sonntag. Oppermann: "Dort zu spielen, ist schon etwas besonderes. Immerhin sind wir ein Beispiel dafür, dass auch Beamte kreativ sein können."