Coronavirus Das Leben der Düsseldorfer Kapellmeisterin in Coronavirus-Quarantäne
Düsseldorf · Dirigentin Marie Jacquot ist krank und wurde auf das Coronavirus getestet. Jetzt muss sie auf das Ergebnis warten – und hat zum Glück tolle Nachbarn.
Marie Jacquot ist sehr müde. Bis zu zwölf Stunden schläft sie jeden Tag. Und trotzdem ist sie erledigt. Die junge Dirigentin und Kapellmeisterin an der Deutschen Oper am Rhein ist krank und seit einer Woche in Quarantäne zu Hause. Sie könnte das Coronavirus haben – noch kennt sie das Testergebnis aber nicht. Bis dahin darf sie nicht raus. Aber zum Glück hat sie liebe Nachbarn, die sich um sie kümmern. „Die sind wunderbar. Ich wüsste nicht, wie es ohne sie gehen sollte“, sagt Marie Jacquot.
Verdacht auf das Coronavirus – wie kam es dazu? Nun, als Dirigentin ist es trotz festem Engagement an der Oper Düsseldorf und Duisburg durchaus wichtig, immer wieder Gastdirigate anzunehmen. Deshalb war die 29-Jährige nach Straßburg gereist, um dort für die Uraufführung von Thierry Pecous „Until the Lions“ zu proben. Und dann wurden Teile des Ensembles krank. Die Uraufführung wurde abgesagt. Als Marie Jacqout am vergangenen Donnerstag nach Hause kam, fühlte sie sich auch krank. Und hatte aufgrund ihrer Symptome ein ungutes Gefühl. Im Hausflur sagte sie das schon ihrer Nachbarin und kündigte an, sich erst mal zurückzuziehen. Am nächsten Morgen rief sie ihren Arzt an. Auch der riet ihr: Zu Hause bleiben. Unbedingt. Schließlich ist sie aus einem Risikogebiet für das Coronavirus zurückgekommen. Also rief sie die städtische Corona-Hotline an. Man sagte ihr: Es kommt jemand, um einen Test mit Ihnen zu machen. Das war am Freitag. Die Mitarbeiter des Gesundheitsamts kamen am Ende am Montagabend um 22.30 Uhr. Vorher ging es nicht. „Und jetzt warte ich auf das Ergebnis“, sagt Marie Jacquot.
Und das sieht so aus: Sie liest, arbeitet ein wenig an ihren Partituren, soweit es die Kopfschmerzen zulassen, sitzt am geöffneten Fenster in der Sonne und liest Bücher. Gerade hat sie ein neues von Haruki Murakami. Oder von Yuval Noah Harari. Und sie hat Brot gebacken. Und was isst man sonst, wenn man nicht raus darf? „Ich hatte Glück, noch ein paar eingefrorene Gerichte von meiner Mutter zu haben, als sie das letzte Mal hier war. Und ich habe meine Nachbarn“, sagt Jacquot. Eine dreiköpfige italienische Familie, die (Gott sei Dank) kulinarisch affin ist. Die Inhaber eines Eiscafés kochen ihr authentische Pasta und Risotto, stellen ihr Einkaufstüten mit frischen Sachen vor die Tür. „Ich weiß wirklich nicht, wie so etwas ohne Nachbarn gehen soll“, sagt Marie Jacquot noch einmal.
Die Dirigentin hat Verständnis für die Arbeit der Behörden
Vom Gesundheitsamt habe sie nicht viele Anweisungen oder Informationen bekommen, sagt Jacquot. Auch nicht dazu, wann sie ungefähr mit ihrem Testergebnis rechnen kann, sprich: Wie lange sie noch zu Hause bleiben muss. „Aber darüber will ich mich gar nicht beschweren. Alle sind so überlastet, sie tun, was sie können.“
Als sie krank wurde, hatte Marie Jacquot zuerst Husten. „Und der hat richtig viel Krach gemacht, das ging bis tief in die Lunge hinein“, sagt sie. Aber nach fünf Tagen war der Husten schon fast wieder passé. Dazu kamen extreme Müdigkeit, die sie auch jetzt noch plagt, genau wie die starken Kopfschmerzen. Fieber hatte sie eigentlich nicht. Aber: „Seit zwei Tagen rieche und schmecke ich überhaupt nichts.“ Gegen die Kopfschmerzen nehme sie aber kein Ibuprofen, ihr Arzt habe ihr davon abgeraten. Das Medikament steht im Verdacht, bei einer Infektion mit dem Coronavirus den Krankheitsverlauf zu verschlechtern. Gesicherte Erkenntnisse dazu gibt es aber noch nicht. Dafür aber viele Gerüchte.
Marie Jacquot kann ihrer Lage sogar etwas Positives abgewinnen. „Weil ich so viel reise, hatte ich mir immer gesagt: Ich will endlich mal mehr in meiner Wohnung sein. Bitteschön, das habe ich jetzt. Ich kann lesen, kochen, hatte schon einen Sonnenbrand und bin eigentlich sehr glücklich. Auch so ganz mit mir allein. Es gibt sicher Menschen, denen das Alleinsein viel mehr ausmacht, die dann im schlimmsten Fall in eine Depression fallen. Aber das ist bei mir zum Glück nicht der Fall.“ Es sei jedoch ein Glück, dass sie nicht nur als freischaffende Dirigentin arbeitet, sondern ein festes Engagement hat. „Sonst hätte ich bald finanzielle Probleme, bei all den Absagen im Kulturbetrieb.“
Ein Problem an der Quarantäne in ihrer Wohnung gibt es allerdings: Sie ist so weit von ihrem Freund in Österreich entfernt. Und die Grenzen sind zu. Seit einiger Zeit haben die beiden sich nicht mehr gesehen. Und wie lange es noch dauern wird, wissen sie noch nicht. Aber sie telefonieren jeden Tag. „Ich habe ja Zeit“, sagt Marie Jacquot.