Kritik in Düsseldorf Zurück in die Arbeitslosigkeit? Regierung will bei Arbeitsmarkt-Integration einsparen

Düsseldorf · Viele Menschen, die Bürgergeld erhalten, wollen zurück ins Berufsleben. Eine Chance sind Arbeitsgelegenheiten.

Frank Bente, Geschäftsführer von Renatec (v. l.), Christian Ellmann, Leiter des Kaufhauses Wertvoll der Caritas und Liga-Sprecher Michael Schmidt sind gegen die Kürzungspläne.

Frank Bente, Geschäftsführer von Renatec (v. l.), Christian Ellmann, Leiter des Kaufhauses Wertvoll der Caritas und Liga-Sprecher Michael Schmidt sind gegen die Kürzungspläne.

Foto: Kupferschmidt, Sophia

(sku) Erst war er Filialleiter, dann ist er in einen Burnout und schließlich in eine Depression gerutscht. „Ich war eineinhalb Jahre nicht draußen“, sagt Daniel. Jetzt hat er wieder eine Struktur im Alltag: Er arbeitet Vollzeit im Fairhaus in Flingern, dort führt er Verkaufsgespräche. Im Fairhaus können gebrauchte Möbel und Kleidung zu einem günstigen Preis gekauft werden. Kunden sind bedürftige Menschen, aber auch Normalverdiener. Der 45-Jährige bezieht Bürgergeld, für seine Arbeitsgelegenheit (Ahg) – auch „Ein-Euro-Job“ genannt – erhält er circa 75 Euro im Monat. Bei der Ahg geht es darum, Langzeitarbeitslose wieder ins Berufsleben zu integrieren.

Diese Beschäftigung steht jetzt auf der Kippe. Denn: Die Bundesregierung plant, im kommenden Jahr 500 Millionen Euro für die Arbeitsmarkt-Integration von Menschen zu sparen, die Bürgergeld erhalten. Die Düsseldorfer Liga der Wohlfahrtsverbände hält diese Kürzung für einen Fehler, wie sie am Donnerstag im Fairhaus in der Fichtenstraße darlegte. Zur Liga gehören die Diakonie, die Arbeiterwohlfahrt, der Paritätische, das Deutsche Rote Kreuz und die Jüdische Gemeinde. Zum Programm der Dachorganisation gehört es, Langzeitarbeitslose zu unterstützen.

„Wegen der Kürzung müssen wir als Träger Plätze streichen“, sagte Frank Bente, Geschäftsführer der Diakonie-Tochter Renatec, zu deren Angeboten unter anderem das Fairhaus gehört. Während 2021 noch 995 Stellen angeboten werden konnten, wird die Zahl 2024 auf 663 zurückgehen. Die Kürzung habe „zwar einen kurzfristigen Effekt im Bundeshaushalt, dafür aber auch langfristige Folgen“ für Arbeitslose, meint Michael Schmidt, Sprecher der Liga.

„Langzeitarbeitslosigkeit führt zu gesundheitlichen Problemen, sozialer Isolation und Verarmung“, betonte Bente. Das gehörten beispielsweise psychische Erkrankungen, wie Depressionen oder Suchtprobleme. Eine Beschäftigung im Ahg gebe Langzeitarbeitslosen die Chance, den Berufseinstieg wieder zu schaffen. Das funktioniere durch fachliche Anleitung, Qualifizierung und pädagogische Hilfestellungen, berichtete Christian Ellmann, Leiter des Kaufhauses Wertvoll der Düsseldorfer Caritas.

Und das mit Erfolg: Viele Beschäftigte liebten ihren Job so sehr, dass sie sich keinen Urlaub nehmen wollten. „Nach einem Urlaubstag stehen einige bei uns auf der Matte und sagen, dass sie nicht zuhause sitzen, sondern sich einbringen wollen“, sagte Ellmann. Allerdings können aktuell aufgrund der geplanten Kürzung viele Arbeitsverträge nicht verlängert werden. Ellmann bemerkt, dass sich bei einigen Personen „Angst breit macht“. Er befürchtet, dass viele ohne die Beschäftigung „in die alten Muster zurückfallen“. Im Dezember wird entschieden, ob das Geld gekürzt werden soll.