Herr Korn, Sie haben an drei Olympischen Spielen teilgenommen und zwei Goldmedaillen geholt. Allerdings haben Sie die Olympischen Spiele auch aufgrund der Regelung der P-Akkreditierung im Hockey so verschieden erlebt, wie wohl kaum jemand anderes. Womit sind Ihre intensivsten Erinnerungen verbunden?
Olympia-Serie Oliver Korn: „Die Spiele in London waren perfekt“
Düsseldorf · In Teil eins der Olympia-Serie blickt die DHC-Legende auf seine insgesamt drei Teilnahmen zurück und spricht über die Verschiebung der Spiele von Tokio auf 2021.
Als Doppel-Olympiasieger mit der deutschen Hockey-Nationalmannschaft und dreifacher Teilnehmer an den Olympischen Spielen in Peking, London und Rio kann sich Oliver Korn angesichts der Verschiebung der Olympischen Spiele in Tokio in die Situation der Athleten hineinversetzen. Insbesondere mit den älteren Sportlern, die wie er 2016 in Brasilien Olympia als Schlusspunkt der Laufbahn angestrebt haben, fühlt Korn in diesen Tagen mit. Der erfolgreichste Sportler in der Vereinsgeschichte des DHC, lebt inzwischen in Hamburg, ist Düsseldorf aber nach wie vor eng verbunden.
Oliver Korn: Ja, absolut. Ich habe wirklich alles mitgenommen, was diese Regelung hergibt (lacht). An London habe ich die besten Erinnerungen — es war für mich persönlich, aber auch für die Mannschaft ein unglaubliches Turnier. Die Spiele waren perfekt, das Drumherum fantastisch. In London war Hockey im Prinzip eines der Hauptevents, so dass das Stadion immer ausverkauft war und viele Freunde und Verwandte waren dabei. Es war für mich das kompletteste Ereignis. Aber auch an Peking habe ich intensive Erinnerungen, denn es waren meine ersten Olympischen Spiele. Aber am Ende gab es natürlich trotz der Goldmedaille gemischte Gefühle bei mir, da ich im Turnierverlauf erkrankt bin und der P-Akkreditierte Jan-Marco Montag für mich zur Mannschaft hinzugestoßen ist. In Rio war ich dann selbst in der Rolle des P-Akkreditierten und somit eigentlich Tourist im Team. Ich habe mich schon als Teil der Mannschaft gefühlt, aber natürlich kann ich die Bronzemedaille nicht wirklich als meinen Verdienst ansehen.
Was ging Ihnen angesichts all dieser positiven Erinnerungen, die sie selbst an Olympische Spiele haben, durch den Kopf, als Sie von der Verschiebung erfahren haben?
Korn: Es kam für mich in dem Moment nicht mehr besonders überraschend. Das IOC hatte sich ja extrem lange bedeckt gehalten. Ich denke, es ist eine absolut vernünftige Entscheidung. Von außen betrachtet — und ich bin nun mal heute Außenstehender — ist es eben auch „nur“ eine Verschiebung um ein Jahr, aber diese Beschreibung wird den Einzelschicksalen vieler Sportler sicher nicht gerecht. Insbesondere für die Athleten, die Tokio als abschließenden Karrierehöhepunkt angestrebt haben, ist es sicherlich hart. Ich kann mir vorstellen, dass viele in ein mentales und vielleicht auch körperliches Loch fallen, aber den Schock dann auch verdauen. Das ist natürlich leicht gesagt, aber ein Sportjahr im Hockey mit Bundesligaspielen, Pro League und allen weiteren Terminen mit der Nationalmannschaft ist dann auch sehr komprimiert und geht schnell. Für einen Mannschaftssportler mag es vielleicht auch leichter sein als für die Athleten in Einzeldisziplinen. Ich gehe aber davon aus, dass es jeder, egal an welcher Stelle seines Lebenslaufs er steht, schafft, dieses Jahr noch einzuarbeiten. Da gäbe es für mich keinen Zweifel. Dafür ist das Ereignis Olympia einfach viel zu groß.
Sie haben Ihre Karriere nach und nach auslaufen lassen. Nachdem Sie sich 2016 von der Nationalmannschaft verabschiedet haben, haben Sie 2017 die Feldkarriere beim UHC Hamburg beendet, aber noch zwei Jahre weiter in der Halle gespielt und 2019 sogar noch einmal in Düsseldorf beim DSD in der Regionalliga zum Schläger gegriffen. Wo sind Sie inzwischen „gelandet“ und welche Rolle spielt Hockey noch in Ihrem Leben?
Korn: Hockey ist natürlich gerade in Corona-Zeiten weit weg. Als die Vereinsbetriebe noch normal liefen, habe ich im UHC bei den 3. Herren gespielt. Die Mannschaft hat sich zu einer lustigen Truppe aus ehemaligen Bundesligaspielern entwickelt und wir haben da bei den Oberliga-Spielen viel Spaß ohne eine Trainingsverpflichtung gehabt. Leider sind wir jetzt zwangsabgestiegen, da unsere 2. Herren auch abgestiegen sind, so dass wir jetzt in der Verbandsliga ranmüssen. Da freut man sich nicht, aber da müssen wir jetzt durch (lacht). Generell bin ich nicht der Typ, der nach dem Karriereende nichts mehr von Hockey wissen will und sich etwas anderes sucht. Mir war es wichtig weiterzumachen, denn Hockey macht mir noch immer Spaß.
Profitieren Sie generell auch nach Karriereende von Ihrer Leistungssportlaufbahn und sehen Sie Ihre Erfolge — auch zum Beispiel damals in Düsseldorf — als angemessen gewürdigt an?
Korn: Ich war damals einer der ersten, der eine Förderung im Zuge des „Team Peking“ von der Stadt erhalten hat. Das war damals ein kleiner, quasi in dem Sinne elitärer Kreis an Sportlern, zu denen ich neben Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov gehören durfte. Obwohl ich gar nicht mehr genau weiß, was ich bekommen habe, war es einfach ein wichtiger Teil zum Lebensunterhalt. Ich weiß, dass Düsseldorf in der Folge auch wirklich von Leuten aus anderen Städten als die „Sportstadt“, wie man sich selbst genannt hatte, wahrgenommen wurde und mittlerweile gibt es diese Programme in vielen Städten, so zum Beispiel auch in Hamburg. Was die Situation heute angeht, gibt es sicherlich andere, die ihre Laufbahn anders nutzen. Ich arbeite heute bei THW-Hockey, die mich früher auch gesponsert haben, aber Medienpräsenz war nie wirklich so mein Ding. Auch während meiner aktiven Karriere habe ich das nie forciert, ich wollte es nicht, kann es auch nicht gut und es hat mir auch nicht viel gegeben. Das ist heute eben auch nicht anders. Natürlich freue ich mich, wenn ich heute so ein Interview gebe und bin stolz auf das Erreichte, aber ich brauche mir nichts auf die Fahne zu schreiben. Ich freue mich, wenn ich meine Frau, meine Kinder und meine Freunde sehe — kurz gesagt, ich lebe mehr im Hier und Jetzt. Auch wenn ich gerade in diesen Tagen schon mal Spaß daran hatte, die alten Hockeyvideos, die von Uli Bergmann für den Zeitvertreib hochgeladen werden, anzugucken und dann die alten DHC-Jungs anzurufen, um über die Spiele von damals zu quatschen (lacht).