Tischtennis: Düsseldorf feiert auch Silber

Am Staufenplatz feuern die Fans ihre Helden an. Aber das Trio der Borussia ist gegen die chinesische Übermacht ohne Chance.

Düsseldorf. Timo Boll war fast zum Staatsfeind erklärt worden - zumindest machte das Gerücht nach einer missverständlichen Werbekampagne für die Deutsche Sporthilfe die Runde. Die Chinesen hatten ihn studiert, nachdem er 2002 beim Tischtennis-World-Cup ihre besten Akteure geschlagen und sich auf den ersten Platz der Weltrangliste vorgearbeitet hatte.

Aus der riesigen Masse an Spielern im Reich der Mitte waren eigens Boll-Doubletten geschaffen worden, die seine Spielweise kopierten. Sie hatten größten Respekt, vielleicht auch Angst, dass er ihnen die Heimspiele in diesem Jahr verderben könnte.

Doch gestern ist die chinesische Rechnung aufgegangen. Das musste auch Borussias Manager Andreas Preuß erkennen, der den heutigen Spitzenspieler des Düsseldorfer Teams bereits als 16-Jährigen an den Staufenplatz holen wollte: "Das war eine Lehrstunde. Man hat gesehen, warum die Chinesen mittlerweile unschlagbar geworden sind."

Vor der Großbildleinwand im Tischtenniszentrum hatten sich rund 70 Menschen versammelt, bejubelten jeden deutschen Punkt mit Tröten und Klatschen. Vergeblich. Als Boll im ersten Einzel den zweiten Satz gegen Ma Lin gewonnen hatte, keimte noch Hoffnung auf, doch die war spätestens nach der Auftakt-Niederlage dahin. Zwei Punkte von Boll und ein drittes Wunder durch Dimitrij Ovtcharov oder Christian Süß hätte es gebraucht.

Ovtcharov kassierte gegen Wang Hao eine derbe Packung, und auch das Doppel Boll und Christian Süß stach nicht. Rund 8000 Zuschauer vor Ort, die ihre chinesische Mannschaft nach Kräften anfeuerten, sorgten in der ausverkauften Halle für eine frenetische Atmosphäre, und im Tischtenniszentrum verstummten die Tröten. Es war mit 0:3 und nur zwei gewonnenen Sätzen die befürchtete Demonstration.

Der goldene Traum war ausgeträumt für "Borussia Deutschland". Doch viel Trauer ließen die Borussen nicht aufkommen - weder in Peking noch in Düsseldorf. Silber ist es geworden - und damit die erhoffte Medaille. "Keiner von uns hatte vorher jemals eine olympische Medaille geholt", sagte Ovtcharov, "und Silber ist wohl das maximal Erreichbare angesichts der chinesischen Stärke."

Diesem Fazit stimmte auch Trainer Dirk Wagner in der Heimat des Trios zu. Für die Übertragung im Tischtenniszentrum hatte er eigens einen Zahnarzttermin abgesagt. "Ein Finale mit meinen Jungs? Das musste ich mir auf jeden Fall anschauen." Frühestens am Dienstag soll den Medaillengewinnern ein großer Empfang bereitet werden. Bis dahin muss sich das Partyvolk gedulden.