Tischtennis-WM: Heimspiel für „Onkel Bo“ in Düsseldorf

Ausverkaufte Tage, alle Topstars am Start, dazu ein gesunder Timo Boll. In 60 Tagen startet die Tischtennis-WM in Düsseldorf.

Am Freitag in Düsseldorf voller Vorfreude: die beiden deutschen Nationalspieler Timo Boll (l.) und Petrissa Solja.

Foto: Horstmann

Düsseldorf. Irgendwann sagt Thomas Weikert in der Düsseldorfer Messe-Halle 6, er hoffe, dass Petrissa Solja und Timo Boll im Einzel bei der Tischtennis-Weltmeisterschaft ins Viertelfinale gelangen. Das klingt ein bisschen nach vermuteter Endstation: Die 23 Jahre alte Solja ist als deutsche Nationalspielerin zwar überaus talentiert, viel weiter aber wird es für sie dann wohl tatsächlich noch nicht reichen. Als aber Minuten später Timo Boll danach gefragt wird, ob nicht noch ein bisschen mehr drin sei als das vom deutschen Tischtennis-Weltverbandspräsidenten anvisierte Viertelfinale, da schaltet er ziemlich schnell auf Angriff: „Ich habe nie vom Viertelfinale gesprochen“, sagt der Odenwalder grinsend, der seit zehn Jahren für Borussia Düsseldorf spielt und sich „als halber Düsseldorfer fühlt“. Soll heißen: Es kann auch durchaus noch weitergehen. Da ist einer, der sich noch einmal viel vorgenommen hat am vermeintlichen Ende seiner Karriere.

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36 Jahre alt ist Boll jetzt, „es läuft ganz gut“ im Training, findet er, die Knie-Operation liegt eineinhalb Jahre zurück. Es geht wieder ein bisschen was. „Der Körper fühlt sich nicht mehr jeden Tag hundertprozentig an, aber ich hoffe, dass ich das in dieser Woche der WM in Düsseldorf hinbekomme“, sagt Boll, mit dem viele deutsche Hoffnungen bei diesem Mega-Spektakel verbunden sind.

„Die Weltmeisterschaft vor heimischem Publikum in Düsseldorf ist ein Höhepunkt für mich“, diktiert der Rekord-Europameister den Journalisten in die Blöcke. „Mit der WM zu Hause geht für mich ein Traum in Erfüllung.“ Weikert lächelt, als er die Worte hört. Für den 55 Jahre alten Weltverbandspräsidenten, Rechtsanwalt aus Limburg und auch ehemaliger Bundesligaspieler, ist die WM im eigenen Land ein großer Schritt bei der voranschreitenden Professionalisierung seines Sports. Zuletzt hatte es Weltmeisterschaften hierzulande in Bremen (2006) und Dortmund (2012) gegeben. „Die Profis aus allen Ländern spielen gerne in Deutschland“, sagt Petrissa Solja auf dieser Pressekonferenz, die vorbereiten soll auf die Tage zwischen 29. Mai und 5. Juni. „Weil sie wissen, dass die Deutschen gut organisieren können.“

In der Tat: Wenn man dieser Tage einen Blick in die riesige, aber leer stehende Messehalle 6 wirft, kann man die Dimensionen erahnen: Die Organisatoren haben in die Mitte der überdimensionalen Halle eine Tischtennis-Platte gestellt, eben dort, wo am 6. Juni auch das Finale stattfinden wird. Es wirkt, als spielten Ameisen im Swimming-Pool. 8000 Zuschauer werden nach Aufbau der Tribünen am Ende in der Halle Platz finden. Mit 700 Teilnehmern wird das Turnier die größte Indoor-Sportveranstaltung der Welt.

3,1 Millionen Euro kostet die NRW-Landeshauptstadt das Großereignis, mit vier bis fünf Millionen Euro hat die ITTF darüber hinaus kalkuliert, 500 Journalisten sollen berichten. „Weltweit gibt es über 100 Millionen organisierte Tischtennis-Spieler“, sagt Weikert.

Die Topstars kommen aus China, und sie werden alle dabei sein: Olympiasieger Ma Long, Zhang Jike oder auch Ding Ning. Deutsche Stars sind Dimitrij Ovtcharov, Bastian Steger — und eben Solja und Boll. Beide werden im Doppel Teil einer deutsch-chinesischen Kombination sein: Boll spielt dann tatsächlich mit Ma Long („Darauf bin ich schon ein bisschen stolz“), Solja mit Fang Bo. „Das hat historischen Charakter für diese WM in Deutschland“, sagt Weikert — und freut sich wieder.

Mit China verbindet Boll, der eigentlich auch noch Olympia 2020 bestreiten will, seit Langem eine Freundschaft. Im chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo (Chinas Twitter) hat der Deutsche mehr als 150 000 Follower — er postet dort auf Deutsch und Chinesisch. Seine Fans im Land des Weltmeisters nennen ihn respektvoll „Bo Shu“ — auf Deutsch bedeutet das so viel wie „Onkel Bo“ oder „Onkel Boll“.