"Rhein-Marathon" Wie ein kleiner Club aus Düsseldorf den Marathon stemmt

Um die Jahrtausendwende gründete sich der Verein „Rhein-Marathon“. Seine Aufgaben: Einen Marathon organisieren und Talente entwickeln. Beides klappt bestens.

Foto: David Young

Düsseldorf. Die Geburtsstunde fand in luftiger Höhe statt. Es war im Oktober 2001, als sich einige Düsseldorfer Läufer nach dem New York-Marathon im 70. Stockwerks eines Büro-Hochhauses in Manhattan trafen und den Verein Rhein-Marathon (offiziell rhein-marathon Düsseldorf e.V.) gründeten. An dem berühmten Lauf hatte eine Gruppe der Laufabteilung der Fortuna erfolgreich teilgenommen — allen voran Nils Busch, der mit seiner Zeit von nur 2.33 Stunden der schnellste Düsseldorfer war.

Unter den Düsseldorfer Läufern, die vom Olympia-Marathonläufer und Verleger Manfred Steffny vorbereitet worden waren, waren auch der damalige Oberbürgermeister Joachim Erwin (verstorben im Mai 2008) sowie Regierungspräsident Jürgen Büssow. „Denen war plötzlich klar, dass auch Düsseldorf so einen Marathonlauf haben muss“, erinnert sich Jan Winschermann, dem die Politiker noch in New York dafür den Auftrag erteilten.

Wenige Tage später saß der heute 48-jährige Winschermann in den Chefzimmern des Regierungs-Präsidiums sowie im Rathaus und bekam Empfehlungsschreiben mit auf dem Weg. Auf Vorschlag von Joachim Erwin gründete Winschermann mit elf Freunden von der Fortuna den Verein „Rhein-Marathon“, der gleich zwei Aufgaben erfüllen sollte: Erstens sollte er ambitionierten Läufern eine Heimat bieten, zweitens sollte er einen eigenen Marathon in der Stadt auf die Beine stellen.

2003 war es dann so weit. Düsseldorfs erster kompletter Stadt-Marathon konnte gestartet werden. Frühere Läufe — davor zuletzt 1961 bei der damaligen Leichtathletik-DM im Rheinstadion — gingen am Rhein entlang auf einer Wendestrecke nach Duisburg. Diese Strecke hatte auch Winschermann mit Start vor der Rheinterrasse vor Augen, doch Joachim Erwin wollte einen „richtigen Stadt-Marathon“.

Winschermann, bis zu diesem Zeitpunkt erfolgreicher Langläufer in der Lauf-Abteilung der Fortuna, hatte damals viele Lauffreunde, die seine Idee unterstützten. Doch als Kopf einer so großen Veranstaltung beschritt er völlig neues Terrain und musste ungeahnte Aufgaben bewältigen. Mit größter Unterstützung aller städtischer Ämter und vielen befreundeten Vereinen war es ihm gelungen, gleich den ersten Lauf damals am ersten Mai-Sonntag zum Erfolg zu führen. Düsseldorf hatte ein völlig neues Groß-Event mit Rhein-Marathon statt der Fortuna als Veranstalter. Später rückte man auf den letzten April-Sonntag vor.

„Die Terminrechte liegen bei uns als Verein Rhein-Marathon“, sagt Winschermann als Vorsitzender des Vereins, der grundsätzlich jeden Läufer aufnimmt. Der Verein, der keinen eigenen Sportplatz hat und in Düsseltal angesiedelt ist, hat es sich per Satzung zur Aufgabe gemacht, „den Laufsport zu fördern, insbesondere die Jugend, sowie Lauftreffs zu veranstalten“. In Läuferkreisen hat er aber den Ruf eines „Elite-Vereins“, dem nur Marathonläufer mit Bestzeiten von unter drei Stunden angehören. 40 Mitglieder hat Rhein-Marathon mittlerweile. Zu den vom Verein organisierten Lauftreffs an der Theodor-Heuß-Brücke kommen zwar meist um die 150 Läufer, die dann allerdings lediglich Gäste von Rhein-Marathon sind.

2007 folgte ein weiteres Schicksals-Jahr für den Verein, denn der Co-Organisator des Kö-Laufes, Charly Engels, war gestorben. Oberbürgermeister Joachim Erwin als Organisator suchte in höchster Not einen neuen Mitstreiter für den Kö-Lauf — und fand schließlich Jan Winschermann, der sich seit mehr als zwölf Jahren auf die Unterstützung vieler anderer Düsseldorfer Vereine (SFD 75, ASC, ART, DSD, TG 81, TB Hassels, Polizeisportverein, Lauftreff Süd) verlassen kann. Die betreuen beim Marathon die wichtigen Punkte an der Strecke, beim Kö-Lauf sind sie ebenfalls an der Organisation beteiligt. „Anders wäre das nicht zu stemmen“, weiß Winschermann um die Hilfe.

Ebenso wichtig wie die Organisation der beiden Läufe ist den Rhein-Marathon-Mitgliedern die Weiterentwicklung der eigenen Talente. Und die funktioniert. Deswegen hat sich der Club den Ruf eines Elite-Läufer-Vereins erworben. Was nicht zuletzt an seinen erfolgreichen Top-Läufern liegt: Carsten Eich, Sonja Oberem und André Pollmächer waren und sind die Aushängeschilder, die es zu mehreren deutschen Meistertiteln gebracht haben und selbst international mithalten können.

Und das nächste Talent ist schon dabei: Während des Kö-Laufs hatten die Elite-Läufer den 23 Jahre alten Eritrea-Flüchtling Fitsum Gebreselassie entdeckt und sofort verpflichtet. Seitdem wird er gefördert, obwohl er die Marathon-Strecke (noch) nicht unter drei Stunden geschafft hat. Doch André Pollmächer glaubt an Gebreselassie und will ihn für eine Läuferkarriere behutsam aufgebauen. Vielleicht startet der dann irgendwann auch in New York, wo 2001 alles angefangen hatte.