VeggieWorld Messe VeggieWorld: Veganes von Algen bis Gerstengras

Die Vegetarier-Messe VeggieWorld lockte am Wochenende mehr als 10 000 Besucher in die Alten Schmiedehallen des Areals Böhler.

Foto: Nikolas Golsch

Die Jack-Frucht wächst auf Sri Lanka, sieht als Ganzes aus wie eine stachelige Wassermelone und schmeckt ein wenig wie eine milde Artischocke. Die hierzulande neu entdeckte Frucht ist der Renner auf der Vegetarier-Messe VeggieWorld, die am Wochenende mehr als 10 000 Besucher in die Alten Schmiedehallen des Areals Böhler lockte. Nach Deutschland gebracht hat die Kunde der alten Frucht, die auf Sri Lanka als „Essen der armen Leute“ verpönt ist und meist liegengelassen wird, Julia Huthmann. Bei einer Reise hat die 33-Jährige aus Bonn das Gewächs entdeckt. Seit etwa einem Jahr vertreibt sie die Importware in Dosen (rund 200 Gramm), die im Biomarkt und im Online-Shop für rund vier Euro zu haben sind. Das Fruchtfleisch der Jack-Frucht erinnert an Hühnchenfleisch und kann vielseitig verwendet werden: „Beispielsweise als Gulasch, als Fisch-Ersatz oder in Wraps“, sagt Huthmann. An ihrem Stand auf der Messe kommen die Gerichte gut an: „Das schmeckt köstlich herzhaft, eine echte Alternative zu Hühnchenfleisch“, findet etwa Besucherin Yvonne Holstein.

Foto: Nikolas Golsch

Immer mehr geht es auf der Vegetarier-Messe, die in den vergangenen Jahren so stark gewachsen ist, dass die vom Messe-Center nach Lörick umziehen musste, aber ums große Ganze. „Lebensmittel stehen noch immer im Fokus, aber es geht auch verstärkt um tierversuchsfreie Kosmetik und Bekleidung ohne Leder“, sagt Veranstalter Hendrik Schellkes. Und dass Lederersatz durchaus schick aussehen kann, zeigen Judith und Ernst Webersthorffer. Die beiden vertreiben unter ihrem Label „Inve Vegan“ Taschen aus Kork. Das habe mehrere Vorteile, sagt Judith Webersthorffer: „Kork ist wasser- und schmutzabweisend und ziemlich unempfindlich.“ Der Kork wird aus der Rinde portugiesischer Korkeichen gewonnen — etwa zehn Jahre braucht ein Baum, bis er genug Material aufgebaut hat und die Rinde abgeschält werden kann.

Trotz der zeitaufwendigen Gewinnung des Rohstoffs, der für die Taschen auf ein Stoffgewebe geklebt wird, halten sich die Preise in Grenzen und sind etwa mit denen für mittelmäßige Ledertaschen vergleichbar; eine kleine Handtasche für Damen kostet 95 Euro, eine große Aktentasche rund 140 Euro. Neben den Taschen vertreibt das Ehepaar auch Schmuck, Handyhüllen und Tischsets aus dem Naturmaterial. „Mit Kork lassen sich genau die gleichen Dinge herstellen wie aus Leder“, sagt Ernst Webersthorffer.

Etwas skeptisch werden noch die Algen-Produkte von Kirstin Knuffmann beäugt. Dennoch sind sie ein Trend der Zukunft: Algenarten wie Spirulina, Dulse oder die goldene Chlorella sind reich an Nährstoffen, haben wenig Kalorien und dafür viele Vitamine. „Es gibt zwei Arten von Algen, mikroskopisch kleine und pflanzenartige, die größer sind“, erläutert Knuffmann. Erstere seien vor allem als Nahrungszusatz gedacht, der vielen Gerichten beigemischt werden kann. Letztere dagegen können andere Zutaten ersetzen. Beispielsweise die schwarzen Meeres-Spaghetti: „Die können wie Nudeln verwendet werden, sind deutlich kalorienärmer und quellen beim Kochen auf.“ Die Algen, die in Deutschland in Wasserbecken gezüchtet werden und bis zu zweimal in der Woche abgeerntet werden, haben jedoch ihren Preis; 30 Gramm Meeres-Spaghetti kosten knapp sechs Euro.

Ähnlich ungewohnt ist noch das Produkt von Heinz Seidel. Zu Pulver gemahlenes Gerstengras vertreibt er, das unter Säfte gemischt werden kann. „Lecker ist es wirklich nicht“, sagt Seidel, „aber wenn man es untermischt, schmeckt man es kaum.“ Sinn des Ganzen sei auch nicht das Geschmackserlebnis, sondern die rundum gesunden Inhaltsstoffe des Grases in Bio-Qualität. „Etwa elf Mal so viel Calcium wie Kuhmilch, viel Eisen, Vitamin C und Beta-Carotin sind da drin“, so der Erfinder. Und er behält recht: Vermixt mit Apfelsaft fällt der Heu-Geschmack des grünen Pulvers kaum noch auf.

Mittlerweile nicht nur Vegetariern bekannt ist der Tofu. Pur ist der aber nur noch selten zu finden, im Trend liegen immer exotischer werdende Geschmacksrichtungen. Ganz vorne mit dabei ist die Marke Taifun, deren Regale auf der Messe schon am ersten Tag fast leergekauft waren. Die neuste Kreation der Firma, die als eine der ersten Sojabohnen in Deutschland angebaut hat, ist Tofu mit Kurkuma-Geschmack. „Schmeckt leicht nussig und mild“, beschreibt eine Besucherin den Geschmack. Weitere Tufu-Geschmacksrichtungen: Curry-Mango, Olive oder Basilikum.

Dass mittlerweile fast alles ohne tierische Produkte hergestellt werden kann, zeigt Gunther Nonn, der in München seit vier Jahren die vegane Eisdiele „EisDate“ betreibt. Veganes Eis in sämtlichen Geschmacksrichtungen stellt er dort her, ohne Milch und Sahne. Das hat seinen Preis: 2,20 Euro kostet eine große Kugel. Dafür süßt Nonn nicht mit Zucker, sondern mit Datteln, verwendet Bio-Zutaten und verzichtet auf sämtliche Zusatzstoffe. Im Pistazien-Eis stecken so nur vier Zutaten: Pistazien, Chashew-Nüsse, Datteln und Wasser. Der Geschmack ähnelt herkömmlichem Eis, ist nur um einiges intensiver.