Michail Trejster: „Zuerst war Hass in mir“
Der Zeitzeuge des Holocaust überlebte das Juden-Getto in Minsk. Gestern berichtete er in der Heine-Gesamtschule aus seinem Leben.
Düsseldorf. „Wie sah es im KZ aus?“ - „Wie ist Ihnen die Flucht gelungen?“ - „Wie fühlen Sie sich heute in Deutschland?“ — Die Schüler fragen wissbegierig nach, als Michail Trejster, fast 87 Jahre alt und einer der letzten überlebenden Zeitzeugen, über sein Martyrium als Jude in der weißrussischen Stadt Minsk berichtet. Michael Trejster ist vom Alter gebeugt, aber im Kopf hellwach.
Die Erinnerung hat ihn nie losgelassen. Er war 14 Jahre alt, als die Deutschen im Juni 1941 in sein Land einfielen und ihn gemeinsam mit seiner Mutter, seiner Schwester und allen anderen Juden der Stadt in einem Getto einsperrten. Von einem Stacheldrahtzaun umschlossen, gab es keinen Strom, kein Wasser, keine Heizung, die Kanalisation funktionierte nicht. „Die Menschen starben an Hunger, Krankheit, Kälte und schwerer Arbeit, zu der sie gezwungen wurden.“
Es ist mucksmäuschenstill in der Aula der Heinrich-Heinrich-Gesamtschule. „Die Juden wurden systematisch getötet“, erzählt Trejster. „Sie mussten sich an den Rand von Massengräbern stellen und wurden von Spezialkommandos durch Schüsse in den Hinterkopf ermordet.“
Trejster überlebte diese Zeit in einer Arbeitskolonne. „Innerhalb von 27 Monaten wurden im Ghetto mehr als 100 000 Menschen vernichtet.“ Kurz bevor Trejster im Vernichtungslager Trostenez das gleiche Schicksal erleiden sollte, gelang ihm die Flucht aus dem Ghetto. Er schloss sich Partisanen an, die in Weißrussland gegen die Eindringlinge kämpften, und überlebte so die schlimme Zeit.
Zwei Stunden lang lauschen die Schüler aufmerksam. „Es ist eine traurige Geschichte. Aber es ist gut, sie von einem Zeitzeugen zu hören“, sagt der 14-jährige Fabio. Trejster, der Zeitzeuge aus Minsk, hat seinen Frieden mit dem Land seiner einstigen Peiniger geschlossen. „Zuerst war Hass in mir“, sagt er, „aber ich weiß, dass es längst ein ganz anderer Staat ist.“ Als Ingenieur hatte er viele geschäftliche Kontakte mit Deutschland „Ich habe viele Freunde hier, meine Tochter lebt hier.“ Er hat die Erfahrung gemacht, „dass deutsche Schüler sehr an der Geschichte interessiert sind“.