Musik und Glaube zum Auftanken

Das Kind in der Krippe hat Kulturen und Menschen verändert

Düsseldorf. Weihnachten hat für mich — wie könnte es anders sein — sehr viel mit Musik zu tun. So läuft das Weihnachtsoratorium von J.S.Bach bei uns schon seit einigen Tagen auf Dauerrotation und ich bekomme immer wieder eine Gänsehaut bei den Chorstellen. Ohne Bach wäre ich vielleicht nie Musiker geworden, seine Musik hat mich von Kind an geprägt und gerade sein Weihnachtsoratorium zeigt die Größe seiner Musik, die für mich, auch als Popmusiker, eine Art „Tankstelle“ ist. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich im Kirchenchor — den meine Mutter dirigierte — gerade das Weihnachtsoratorium lauthals mitgesungen habe, vor dem Stimmbruch im Sopran und Alt, und danach im Tenor und Bass.

Bach hat über seine Kompositionen „Soli Deo Gloria“ geschrieben und dieser scheinbar fromme Satz hat für mich ebenso biografische Bedeutung: Mein Gottesglaube ist kein Ritual wie der kindliche Glaube an das Christkind. Er stellt meinen oft hektischen Alltag auf feste Füße und obwohl ich aus einem so genannten christlichen Elternhaus komme, habe ich Glauben nie als Zwang empfunden.

Nicht nur jetzt am Heiligabend ist mir mein Glaube genauso eine „Tankstelle“ wie die Musik. Auch wenn es gemeinhin als „uncool“ gilt, sich wie folgt zu „outen“: Ich bin ein Kind guter kirchlicher Jugendarbeit und meine erste „Bühne“ war die Kirche. Es ist schade, dass aufgrund von vielen — sicher zum Teil berechtigten — negativen Schlagzeilen gerade in letzter Zeit in den Hintergrund gerückt wird, dass beide Kirchen auch sehr viel Gutes leisten. Nicht nur am Heiligabend in den vielen proppevollen Kirchen.

Wenn ich Ihnen, liebe Leser, zwei Weihnachtslieder am heiligen Abend empfehlen darf, dann zum einen den Spiritual „Go tell it on the mountains“, der, wenn er hoffentlich am Samstagabend in vielen Gottesdiensten gesungen wird, auch einmal swingigen Rhythmus in unsere Kirchen bringt. Und zum anderen einen Song der besonderen Art und mein persönliches Lieblingsweihnachtslied: „Ich steh an Deiner Krippen hier“. Melancholisch, nachdenklich und nicht jubelnd, wie man es von Weihnachtsliedern eigentlich erwartet. Dieses Lied spricht von der Faszination, dass ein Kind in der Krippe nicht nur unsere Kultur, sondern auch das Leben vieler Menschen umgekrempelt hat. Wenn das kein Wunder ist . . .

Dieter Falk ist ein erfolgreicher Komponist und Musikproduzent (u.a. sechs Echo-Nominierungen). Er ist 52 Jahre alt und Vater von zwei Söhnen.