Nicht alle waren als Wahlkämpfer da
Die Sozialverbände prüften im Lambertussaal fünf Bundestagskandidaten. Es ging ziemlich friedlich zu.
Wenn Sozialpolitiker bei Sozialverbänden über soziale Fragen diskutieren, darf man vielleicht von vorneherein keine feurige Debatte erwarten. Und so war es denn auch eine überaus friedliche Politikerrunde, die da gestern Nachmittag zur Bundestagswahl auf Einladung der Liga Wohlfahrt im Lambertussaal auf dem Podium saß. „Es geht um Kinder und Alte“, fasste Moderator Peter Rüben die insgesamt sieben Wahlprüfsteine zusammen, die Awo, Caritas, Diakonie, DRK und Co. den Politikern schon vorab zur schriftlichen Stellungnahme vorgelegt hatte.
Rentenniveau, Mütterrente, Altersarmut, Pflegenotstand, Kita-Ausbau und Inklusion, aber auch das „wachsende soziale Gefälle“ standen auf der Agenda. Helmut Bonn von der Linkspartei begann sein Eingangsstatement ganz locker (obschon sicher unbewusst) mit einem Horrorszenario für die Träger der Wohlfahrtspflege: „Das Ziel muss sein, das alle Menschen auch ohne Unterstützung durch die Verbände gut leben können.“
Und sonst? Hörte man inhaltlich wenig Neues oder gar Überraschendes, was den Blick umso stärker auf Persönlichkeit und Art der Protagonisten lenkte. Am wenigsten als Wahlkämpfer unterwegs waren Sylvia Pantel (CDU) und Uwe Warnecke (Grüne). Letzterer sprach stets sachlich-knapp und beschränkte sich im Wesentlichen darauf, die Positionen seiner Partei von der „Grünen Garantierente“ bis zum Ausbau der Kinderbetreuung zu referieren.
Überraschender war, dass auch die sozialpolitisch bekanntermaßen so resolut-engagierte Sylvia Pantel diesmal ganz auf gelassene Sachlichkeit setzte. Sicher, sie verteidige die „von mir ja ins Rollen gebrachte“ Mütterrente, bügelte sonst aber Streit schnell ab („Die Rente halten wir besser raus aus dem Wahlkampfgetöse, zumal sie bis 2030 eh relativ sicher ist“), sprach nüchtern von „gesetzlichen Rahmenbedingungen“ oder dem „pragmatischen Weg“und verwies mehrfach auf das, was ihr CDA-Freund Karl-Josef Laumann jetzt als NRW-Sozialminister alles richten werde.
Andreas Rimkus, ihr SPD-Gegenspieler und Herausforderer im Süd-Wahlkreis, ging da offensiver ran (obwohl sich die beiden prima verstehen). Das muss er auch, zumal Pantel die Favoritin in ihrem Duell ist. Er machte soziale Missstände von prekären Jobs bis zur Kinderarmut („Auch in Düsseldorf betrifft sie jedes vierte Kind“) mit persönlichen Geschichten greifbar, erzählte von seiner Frau und ihren kargen Rentenansprüchen oder seinen Schwiegereltern und den Sorgen in der Familie vor einem Gang ins Altenpflegeheim. Und: Ganz subtil ließ er seine heimliche Sympathie für „Sozial-Liberal“ aufblitzen, als er FDP-Spitzenfrau Marie-Agnes Strack-Zimmermann verbal ein, zwei Bälle zuspielte. Die wiederum hat nie ein Problem damit, kernig und klar rüberzukommen: „Ich bin viel netter als mein Ruf“, begann sie, und bestätigte das mit relativ milden Attacken auf die „GroKo“ („Das Rentenproblem hat sie sehr großräumig umfahren“). Schärfer ins Visier nahm sie wie immer die Linke, namentlich Sahra Wagenknecht, die zwar schon wieder in Düsseldorf für den Bundestag kandidiere, „sich aber selbst im Wahlkampf so gut wie nie in der Stadt blicken lässt“.
Dafür war Udo Bonn für die Linke da. Und wirkte erfrischend in seiner Mischung aus Demut („Ehrlich gesagt ist das nicht mein Thema, da halte ich mich zurück“) und handfesten Parolen. Das Thema „soziale Spaltung“ packte er in ein Brecht-Zitat: „Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.“
Weder reicher noch ärmer an Erkenntnis dürften danach die rund 120 Zuhörer der Runde nach Hause gegangen sein.