In Frauenhäusern fehlen viele Plätze
Immer öfter müssen Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, abgewiesen werden — in Düsseldorf mehr als 200 Mal.
Bedroht, gedemütigt, verprügelt, geschlagen oder sexuell genötigt — Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter. Für viele Frauen und ihre Kinder, die von körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt durch ihren Partner oder die Familie betroffen sind und Schutz vor weiterer Gewalt suchen, sind Frauenhäuser eine wichtige Anlaufstelle. Frauenhäuser sind anonyme Schutzunterkünfte, die aus gutem Grund ihr Inneres vor den Augen der Öffentlichkeit verbergen, schließlich sollen sie gedemütigten und misshandelten Frauen und ihren Kindern Schutz und Sicherheit gewähren.
Umso schlimmer ist es, dass Frauenhäuser aus Platzmangel immer wieder Gewaltopfer abweisen müssen — in Düsseldorf sind es jährlich mehr als 200 Hilfesuchende, die nicht aufgenommen werden können und das mit steigender Tendenz. In der Landeshauptstadt gibt es zwei Anlaufstellen: Das Frauenhaus Düsseldorf, das vom Verein Frauen helfen Frauen getragen wird, und das Internationale Frauenhaus der Arbeiterwohlfahrt, Familienglobus gGmbH.
Birgit Rossdeutscher arbeitet als Geschäftsführerin im Frauenhaus Düsseldorf. Es besteht seit nunmehr 40 Jahren mit Platz für 17 Personen in sechs Zimmern. Sie beklagt, dass jedes Jahr viele Frauen, die auf der Flucht vor ihren prügelnden Männern sind, aus Platzmangel abgewiesen werden müssen. „Wir konnten im vergangenen Jahr 69 Frauen in ihrer schwierigen Situation nicht helfen. Und es werden immer mehr“, sagt sie.
Alischa van der Veen, die als Sozial- und Traumapädagogin im Internationalen Frauenhaus arbeitet, berichtet, dass in ihrer Einrichtung, die seit 1989 existiert, sogar 144 Frauen im vergangenen Jahr abgewiesen werden mussten. Das Internationale Frauenhaus hat sechs Zimmer für acht Frauen und vier Kinder. „Die Kapazitäten reichen bei weitem nicht aus“, sagt sie. Ein Grund dafür ist die relativ lange Verweildauer. Mehr als 30 Prozent der Betroffenen bleiben bis zu einem Jahr im Frauenhaus. „Dieser lange Aufenthalt hat wiederum mehrere Ursachen. Zum einen gibt es Frauen, die mehrfach traumatisiert sind und länger brauchen, bis sie alleine ein selbst bestimmtes Leben führen können“, erklärt Rossdeutscher. Zum anderen sei bezahlbarer Wohnraum in Düsseldorf für die betroffenen Frauen schwer zu finden.
Der Platzmangel ist nur ein Problem der Frauenhäuser, denn selbst die Finanzierung der bestehenden Plätze ist nicht dauerhaft gesichert: „Schlimm ist, dass wir auch nach all den Jahren quasi noch immer einen Projektstatus haben. Wir müssen die Finanzierung alle drei Jahre neu beantragen“, beklagt van der Veen. 80 Prozent der Kosten tragen Stadt und Land, den Rest müssen die Träger selbst aufbringen. 90 Prozent der Frauen, die in Düsseldorfs Schutzhäusern untergebracht sind, haben einen Migrationshintergrund. „Das heißt aber nicht, dass Migrantinnen per se häufiger von häuslicher Gewalt betroffen sind. Deutsche Frauen sind oft besser vernetzt und können sich dadurch anders organisieren“, sagt van der Veen.
Gewalt gegen Frauen ist weltweit die häufigste Menschenrechtsverletzung, in Deutschland hat jede vierte Frau körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. Laut polizeilicher Kriminalstatistik sind Frauen von Gewalt durch ihren Partner weitaus mehr bedroht als durch andere Gewaltdelikte. „Es trifft Frauen aus allen sozialen Schichten mit unterschiedlichstem Bildungsniveau und kulturellem Hintergrund“, betont van der Veen. Auch wenn Frauen heute selbstbewusster seien und schneller ihren Peiniger verlassen, so sei die Schamgrenze noch immer hoch bei vielen: „Frauenhäuser sind eine große Chance für einen Neuanfang“, konstatiert van der Veen.