Düsseldorf Petra Kammerevert (SPD) vertritt Düsseldorf in Europa
Petra Kammerevert (SPD) ist seit 2009 EU-Abgeordnete — und fast vier Wochen im Monat unterwegs.
Düsseldorf. Gerade saß sie noch im Klassenzimmer einer Grundschule und hat vorgelesen. Die Kinder haben wohl zugehört, denn Petra Kammerevert ist gut gelaunt, als sie in ihr Büro kommt. Viel Zeit bleibt nicht. Eigentlich nie als Europa-Parlaments-Abgeordnete zwischen Straßburg, Brüssel und natürlich Düsseldorf. Hier lebt sie und ist damit die einzige Düsseldorferin in Brüssel.
„Ich habe nie geplant, EU-Parlamentsabgeordnete zu werden, es hat sich auf eine glückliche Art so gefügt und ich bin sehr gern Abgeordnete in Brüssel“, sagt die 50-Jährige. Und dennoch: Ihre Vita liest sich wie eine politische Bilderbuch-Karriere. Studium der Sozialwissenschaften, Jusos, Düsseldorfer Stadtrat, dann nach Brüssel. 1992 kam sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin nach Brüssel, damals zählte die EU nur zwölf Mitgliedstaaten. Trotzdem: „Es war damals schon sehr bunt.“
Das begeistert sie auch 24 Jahre später noch. Für den Wahlkreis bleibt nicht viel Zeit. „Wir haben in Brüssel deutlich mehr Sitzungswochen als der Bundestag. Das bedeutet, dass man nahezu vier Wochen im Monat unterwegs ist.“
Warum das alles? „Ich bin tief davon überzeugt, dass diese europäische Zusammenarbeit die einzige Möglichkeit ist, in einer immer komplexeren und globalisierenden Welt tatsächlich Politik gerecht zu gestalten.“ Die Sozialdemokratin ist fasziniert von der EU. Aber von dieser Sorte Mensch und Politiker gibt es inzwischen weniger, die Zahl der EU-Befürworter sinkt gerade. Anti-europäische Strömungen haben Zulauf auf dem Kontinent. Populistische Töne werden lauter. Selbst pro-europäische Menschen kritisieren die EU. Das ist auch im Europaparlament angekommen. „Ich finde auch nicht jedes Gesetz aus der Europäischen Union schön, aber das hat immer auch etwas mit den jeweiligen politischen Mehrheiten zu tun.“ Deshalb brauche es mehr Überzeugungsarbeit, mehr Transparenz.
Was Petra Kammerevert konkret für Düsseldorf gemacht hat? Schwierig zu sagen. „Das lässt sich als Landtagsabgeordnete viel leichter feststellen.“ Aber natürlich profitieren auch Düsseldorfer von EU-Fördermitteln. „Die Jugendberufshilfe zum Beispiel, die einen richtig guten Job für Jugendliche macht, wird für einzelne Projekte aus dem europäischen Sozialfonds mitfinanziert“, führt sie an.
„Wir fördern auch die Entwicklung eines umweltfreundlichen Antriebes, wovon ein Düsseldorfer Unternehmen profitiert“, erklärt sie. Einfluss darauf hat sie nur indirekt. „Wir Abgeordnete formulieren die Rahmenbedingungen der Förderprogramme. Der Rest läuft dann in der Regel über die Mitgliedsstaaten und Bundesländer. Wir haben also keinen unmittelbaren Einfluss auf die Vergabe von Fördergeldern.“
Jugendprogramme liegen Kammerevert am Herzen. Die Abgeordnete ist Mitglied des Ausschusses für Kultur und Medien. Ihr ist das Erasmus-Programm wichtig. „Das soll die Mobilität von jungen Menschen in Europa erhöhen. Wir wollen in der Förderperiode von sechs Jahren fünf Millionen jungen Europäern die Möglichkeit geben, im Ausland praktische Erfahrungen zu sammeln.“
So etwas soll Europa zusammenbringen. Dazu braucht es natürlich Geld von den Mitgliedsstaaten. „In Sonntagsreden wird gern betont, wie wichtig Investitionen in Bildung sind. Doch die Taschen der Finanzminister sind dann, wenn es ernst wird, eher zugenäht.“ Petra Kammerevert spricht da aus langer Erfahrung. „Es ist zuweilen anstrengend, manchmal auch deprimierend, wenn man sich mit der eigenen Position nicht durchsetzt, aber es gibt auch immer wieder Erfolge.“
Wichtig ist der Sozialdemokratin das Zusammenspiel der Institutionen — auch wenn es kompliziert ist. Richtlinien, Förderprogramme. Ob das für die Menschen reicht, die sich von der EU abwenden? Jedenfalls ist sie sich über den von den einzelnen Nationalstaaten begrenzten Handlungsspielraum des Europaparlaments bewusst. Ein überzeugter Europäer wie etwa Martin Schulz tue Berlin sicher gut, meint die Düsseldorferin, auch wenn sein Wechsel in die Bundespolitik natürlich traurig für das Europäische Parlament sei.