Düsseldorf Rosenmontag: Kütt d’r Zoch oder kütt er nicht?

Der Rosenmontagszug steht auf der Kippe. Der Wetterdienst warnt vor schweren Sturmböen bis Windstärke zehn.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Der Medienrummel beim Rosenmontagswagen-Richtfest in der Wagenbauhalle war Freitag enorm. Viele Kamera- und Radioteams umlagerten den Pressesprecher des Comitee Carneval (CC) Hans-Peter Suchand. Dabei rückte der eigentliche Grund der Veranstaltung in den Hintergrund. Denn alle sprachen nur über die mögliche Absage des Rosenmontagszuges. NTV, N24, Tagesschau, Tagesthemen, ZDF, Morgenmagazin, dpa und AFP — sie alle wollten über den aktuellen Stand der Dinge informiert werden.

Der Grund: Der Deutsche Wetterdienst sagte am Freitagmorgen auf Nachfrage der WZ für Montagmittag schwere Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 km/h voraus, das ist Windstärke zehn. In einem 39 Seiten starken Sicherheitskonzept des Comitee Carneval (CC) ist das Szenario eines Sturms genau geregelt.

„Nach diesem Konzept ist eine Absage ab Windstärke acht sehr wahrscheinlich und bei höheren Windstärken zwingend vorgeschrieben“, sagt Sven Gerling, Sicherheits- und Organisationschef beim CC. Eine mögliche Absage des Zuges ist bei den Verantwortlichen schon thematisiert worden. „Wir nehmen das Wetter mit Sorge zur Kenntnis“, sagt Gerling.

Auch eine Verlegung in den Mai ist schon Thema. Ein Alternativtermin könnte Ende August sein: Dann soll ein großes Stadtfest zum 70-jährigen Bestehen des Landes NRW stattfinden. CC-Geschäftsführer Hans-Jürgen Tüllmann will sich aber erst einmal mit der aktuellen Lage befassen: „Das sieht nicht gut aus für Rosenmontag. Es wird eine enge Kiste und wir sollten alle die Daumen drücken, dass es klappt.“

Die Präsidenten der großen Düsseldorfer Karnevalsvereine zeigen Verständnis für die Bedenken des CC: „Ich bin Segler und weiß, was Windstärke zehn bedeutet. Da wäre es Unsinn rauszufahren, das hält kein Aufbau aus — und die Leute auf der Straße haben auch nichts davon“, sagt Michael Schweers, Präsident der Prinzengarde Blau-Weiss.

Für die Polizei wäre eine Absage am Sonntagmittag schon zu spät. „Dann reisen Polizisten wohl vergeblich an“, sagt Sprecher Andreas Czogalla. Denn am Sonntag erwartet man im Präsidium Hundertschaften aus Sachsen und Bayern, die an Rosenmontag unterstützen sollen. „Sie müssten ja ausgeruht in den Einsatz gehen“, so Czogalla. Andererseits könne man auch nicht auf gut Glück mit einem Ausfall des Zoch rechnen. „Wir planen erst einmal ganz normal weiter.“

Das gleiche Signal kommt von den Johannitern, die seit Mittwoch Helfer aus ganz Deutschland in Düsseldorf haben, um die Unfallhilfestellen zu besetzen. „Bis jetzt läuft alles normal“, sagt Sprecher Norman Hofmann. „Wir schicken die Helfer jetzt nicht nach Hause. Wir haben ja auch noch den Sonntag.“

Wagenbaukünstler Jacques Tilly erinnert sich an den Orkan 1990: „Damals sind wir mit den Mottowagen rausgefahren und dann erst wurde der Zug abgesagt. Alle Wagen kamen zerfetzt zurück.“ Auch wegen der Aktualität der politischen Wagen macht er sich Gedanken. „Bei vielen ist das Haltbarkeitsdatum dann abgelaufen — und mit kaltem Kaffee fahren wir nicht durch die Stadt.“

Von einer mittleren Katastrophe spricht Dirk Kemmer, Präsident der Prinzengarde Rot-Weiss: „Wir haben für etwa 35 000 Euro Wurfmaterial gekauft, zudem für 14 000 Euro Pferde und Kutschen bestellt. Das sind gewaltige Herausforderungen, die dann auf uns zukommen.“ Dennoch: An erster Stelle stehe immer die Sicherheit der Besucher am Zugrand. „Und wenn es zu gefährlich ist, dann fahren wir eben nicht.“ OB Thomas Geisel indes hofft noch: „Die Welt wartet auf diesen bissigen, satirischen und politischen Zug.“

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