Schlaflose Nächte, Ärger und Hilflosigkeit bei den Mietern
Wie fühlt man sich, wenn die Wohnung abgerissen werden soll? Die WZ vor Ort.
Düsseldorf. Die Bewohner der Cimbernstraße 17 bis 27 sehen aus, als hätten sie eine schlaflose Nacht hinter sich. Die Tatsache, dass die Oberkasseler Bezirksvertretung den Abrissantrag eines Investors genehmigt hat, können sie noch immer nicht fassen. „Oberkassel, das ist meine Heimat“, sagt die 83-jährige Waltraud Poeling-Neumann. Ich lebe hier seit dem 30. Oktober 1953, ich kenne jeden Stein. Wenn ich meine sieben Sachen einpacken muss, ist es eine grauenhafte Vorstellung.“
Die alte Dame ärgert sich schon jetzt, dass die Gärten platt gemacht werden, um eine riesige Tiefgarage zu bauen. „Der Investor benimmt sich, als hätte er schon immer die Abrissgenehmigung gehabt. Sämtliche Bäume werden gefällt. Meine geliebte Bergbirne ist auch schon weg. Ich werde die Miete mindern.“ Sie habe 43 Jahre als Regierungsangestellte bei der Landesregierung gearbeitet. Johannes Rau habe zu ihrem 40-jährigen Dienstjubiläum gratuliert. Aber für so etwas würde sich keine „Heuschrecke“ interessieren. Der Stadtteil habe von seinen Menschen gelebt, nicht von seinen Bautempeln und seinen sogenannten Residenzen.
Petra Lappat (50) ist im Modebereich tätig. Sie wohnt im selben Haus, der Nummer 23, seit zwölf Jahren. „Meine Nerven hängen blank. Ich habe eine traumhafte Wohnung, mit einem kleinen Küchenbalkon und einem größeren Balkon. Ich zahle für 50 Quadratmeter 517 Euro warm. Es ist ganz schrecklich, wenn ich alles verlassen muss. Ich stehe noch unter Schock. Ich versuche, einen klaren Kopf zu kriegen. Aber ich habe die Angst, dass wir keine Chance haben. Ich weiß nicht, ob ich das durchhalte.“
Diplomkauffrau Birgit Heppner hat ihre Wohnung erst seit zwei Jahren in Oberkassel, aber auch sie hat einen unbefristeten Vertrag. Die Wohnung bekam sie vom Vorbesitzer Corpus Sireo saniert. „Das sind doch alles keine normalen 50er-Jahre-Wohnungen, die man abreißen muss. Sie haben Balkons, einen Vorgarten und Fenster bis zum Boden.“
Ute Maaß freut sich seit 2008 über ihr komplett saniertes Domizil. Sie kommt aus Hamburg und war erfreut über die schöne Lage. Sie arbeitet im Medienhafen und radelt täglich über die Brücke. Normalerweise fühle sie sich pudelwohl in dieser Gegend, aber nach dem Ja der Politiker zum Abriss ihrer Wohnung habe sie schlecht geschlafen.
Der neue Eigentümer hat in die Nummer 21 Arbeiter einquartiert. „Anfangs dachte ich, das sind Handwerker und habe die Verwaltung angerufen,“ sagt Ute Maaß. Dort sei man kurz angebunden gewesen. Etwas eingeschüchtert meint sie: „Wir sind nur noch drei Frauen im Haus, und sonst gibt es unbekannte Männer, die zu acht Personen auf einer Fläche von 56 Quadratmetern schlafen.“