Brauchtum in Düsseldorf Wenn Schützenfest wie Klassentreffen ist
Düsseldorf · Wenn die Schützen in Stockum über Pfingsten feiern, kommen auch viele Menschen, die längst ganz woanders leben.
So international wie es auf dem Messeglände in Stockum zugeht, so familiär wird dort das Schützenfest gefeiert. „Weil zwei Schausteller kurzfristig abgesagt haben, haben wir 20 Schausteller bei unserem Schützenfest. Dabei haben wir wieder darauf geachtet, dass wir vornehmlich etwas für Familien und Kinder anbieten“, erläutert der 1. Chef des St. Sebastianus Schützenvereins Stockum, Markus Stephan. „Unser Schützenfest ist eine soziale Veranstaltung im Stadtteil, die Menschen aus der Nachbarschaft friedlich zum Feiern zusammenbringt.“ Auch Menschen, deren Herz noch an Stockum hängt, die aber nicht mehr hier wohnen. „Die Leute wissen, dass unser Schützenfest immer über Pfingsten stattfindet. Es ist ein festes Datum, an dem sich Menschen, die sich nur einmal im Jahr sehen, wiedertreffen. Das ist auch eine Art Klassentreffen“, so Stephan. „Ich treffe jedenfalls immer viele Leute aus meiner Schulzeit, die ich sonst das ganz Jahr über nicht sehe.“
Menschen zusammenzubringen, ein nachbarschaftliches, ja freundschaftliche Verhältnis zu haben, sich gegenseitig zu unterstützen, wenn nötig zu helfen, scheint Ziel der Stockumer Schützen zu sein. Bei knapp 80 Mitgliedernm inklusive Jungschützen in sieben Gesellschaften ist das innerhalb des Regiments auch noch gut möglich. „Kein Mensch googelt, wie er Mitglied bei den Stockumer Schützen werden kann, wenn er oder sie nicht vorher irgendwelche Beziehungen gehabt hat. Viele unserer Mitglieder sind familienbedingt bei uns, teilweise in dritter, vierter Generation“, verrät der Schützenchef. „Aber wir pflegen auch zu unseren Nachbarn und zu Institutionen freundschaftliche Beziehungen.“ So etwa zum Aquazoo, wird die Kirmes anlässlich des Schützenfestes doch auf dem Parkplatz vor Düsseldorfs meistbesuchter Freizeiteinrichtung aufgebaut.
Kosten für die Bereitstellung des Stroms zuletzt enorm gestiegen
Die Stockumer Schützen stehen voll im Leben, haben Frauen voll integriert und einen paritätisch besetzten geschäftsführenden Vorstand. „Zum Schützenfest gehen wir zwar in die Kirche, aber das ist eher eine Tradition“, so Stephan augenzwinkernd. „Wir vertreten christliche Werte, sind aber kein Verein, der der Kirche extrem nahe steht. Wir haben auch Mitglieder muslimischen Glaubens und solche, deren sexuelle Orientierung nicht der katholischen Vorstellungswelt entspricht. Bei uns ist Glaube, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Alter völlig egal. Entscheidend ist, dass man sich engagiert.“ So wie er selbst unter anderem bei der Sponsorengewinnung für das Schützenfest. Zum Glück arbeitet Stephan im Vertrieb eines großen IT-Unternehmens und kann sich zu den „normalen“ Arbeitszeiten auch mal ein Stündchen für seinen Verein abzweigen, die er später dann wieder abarbeitet. „Wenn man mit großen Unternehmen wie der Messe oder dem Flughafen sprechen möchte, werden die entscheidenden Leute nicht so lange warten, bis ich Feierabend habe. Aber ohne Unterstützung gäbe es das Schützenfest nicht“, betont der Chef. „Unser Ziel ist es, mit dem Schützenfest eine schwarze Null zu schreiben. Ohne Sponsoren ist das unmöglich.“ So seinen die Kosten für die Bereitstellung des Stroms zuletzt enorm gestiegen. Für die Stockumer sogar drei Wochen vor der Kirmes nochmal um 45 Prozent. „Wir müssen dafür sorgen, dass sozusagen von der Hochspannungsleitung über Transformatoren der Strom für die Schausteller nutzbar gemacht wird. Das sollte 10 000 Euro kosten“, verrät Stephan. „Aber dann ist uns die Firma abgesprungen und wir mussten kurzfristig ein Angebot einer anderen Firma über 14 500 Euro annehmen.“ Happig für einen 80-Mitglieder-Club.
Während des Schützenfestes ist die finanzielle Belastung beim Chef aber nicht ständig präsent. Dann geht es vielmehr darum, Gemeinschaft zu stiften, die unterschiedlichen Generationen, Menschen verschiedener Berufe und Lebenssituationen miteinander zu verbinden – und friedliche, freundschaftliche Nachbarschaft miteinander zu pflegen.