Düsseldorf Schuldenfreiheit in Gefahr: Schwarze Null trübt sich rot
Die Stadt steht vor einem Aufgabenstau. Er wird sich ohne Kredite kaum auflösen lassen.
Düsseldorf. Noch hängt sie, die Schuldenuhr im Rathaus. Und zeigt an, seit wann Düsseldorf schuldenfrei ist. Aufgestellt hat sie der damalige CDU-Oberbürgermeister Joachim Erwin im Herbst 2007. Er beförderte die Kasse vor allem durch Verkaufserlöse in den grünen Bereich. Er versilberte RWE-Aktien und die Stadtwerke-Mehrheit zu extrem guten Kursen. Das spülte so viel in die Kassen, dass die Stadt seitdem Geld auf der hohen Kante hat.
„Vier Gründe, weshalb die Schuldenfreiheitsuhr am Rathaus schleunigst abgestellt werden sollte“ — unter dieser Überschrift postete der heutige SPD-Oberbürgermeister Thomas Geisel im Februar 2014 einen Beitrag auf seiner Wahlkampf-Homepage. Darin schrieb er u.a., dass die Schuldenfreiheit „kein Selbstzweck“ sei und dass Schulden auch wirtschaftlich sinnvoll sein könnten. Trotzdem entfernte Geisel die Schuldenuhr bei seinem Amtsantritt nicht. Noch heute steht sie im Rathaus.
Aber wie lange noch? Die finanziellen Spielräume werden enger. Erst im November warnte der Kämmerer, dass sich die Netto-Finanzposition (liquide Mittel minus Verbindlichkeiten) bis Jahresende wohl um satte 200 Millionen Euro verschlechtern werde. Heißt: Die schwarze Null trübt sich rot ein.
Gleichzeitig steht die neue Stadtregierung vor einem regelrechten Aufgabenstau. Denn die Vorgänger haben wegen der gewaltigen Investitionen für Wehrhahn-Linie und Kö-Bogen vieles aufgeschoben, was nötig gewesen wäre. Allen voran gibt es großen Nachholbedarf bei Neubau und Sanierung von Schulen. Allein der geplante Neubau des Dürer-Berufskollegs dürfte zwischen 60 und 70 Millionen Euro kosten. Für die Sanierung maroder Kulturbauten wird der akute Bedarf auf rund 60 Millionen Euro geschätzt.
Hinter den Kulissen wird derzeit an einem Masterplan Kulturbauten gearbeitet, der jährlich um die zehn Millionen Euro verschlingen dürfte (u.a. für Schauspielhaus und Museum Kunstpalast). Dann ist da noch das Bäderkonzept: Bis 2020 sollen rund 65 Millionen Euro in den Neubau von vier Hallenbädern gesteckt werden. Noch nicht beziffert ist der geplante ÖPNV-Ausbau.
Dazu kommen steigende Ausgaben für die Flüchtlinge. So wurde der entsprechende Etat-Ansatz für 2015 schon um 8,2 auf 17,6 Millionen Euro aufgestockt. Zwar gibt es Zuschüsse, aber mehr als elf Millionen muss die Stadt allein schultern. Und fraglich ist, ob das überhaupt reicht.
Kein Hellseher muss man sein, dass angesichts dieser Aufgabenfülle eine Reihe anderer Wünsche wohl nicht erfüllt werden kann. Die Sanierung des Konrad-Adenauer-Platzes etwa war von der schwarz-gelben Ratsmehrheit immer wieder verschoben worden. Geisel sagte im Wahlkampf, dass der Umbau bald kommen müsse. Seitdem ruht der See still. Gleiches gilt für die Verlängerung Rheinuferpromenade.
Zum Schwur aber kommt es erst im Herbst, wenn der Etat 2016 aufgestellt wird. Mal sehen, ob die Schuldenuhr dann noch da ist.