Düsseldorf Seelsorge: 20.000 Anrufe pro Jahr

Rund um die Uhr und an jedem Tag des Jahres hat die Düsseldorfer Telefonseelsorge ein offenes Ohr für ihre Anrufer.

Düsseldorf: Seelsorge: 20.000 Anrufe pro Jahr
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Viele Sorgen machen einem zu schaffen. Ein geliebter Verwandter, der im Krankenhaus liegt, ungewiss, ob er wieder gesund wird. Finanzielle Schwierigkeiten, die zur permanenten seelischen Belastung werden. Auch eine Sucht, über die man mit niemandem sprechen möchte, obwohl Hilfe gebraucht wird. Manchmal sind es auch die einsamen Stunden in der Nacht, weshalb Anrufer zum Telefon greifen, um mit der Telefonseelsorge Düsseldorf zu sprechen.

Rund um die Uhr sind qualifizierte Ehrenamtliche und auch Psychologen im Einsatz. Sie helfen mit ihren Gesprächen und können den Anrufern Rat geben. 20 000 mal im Jahr wird die Nummer gewählt. Das sind 50 bis 60 Anrufe am Tag. Für ein Telefonat soll sich trotzdem genügend Zeit genommen werden. Deshalb sollte der Anrufbeantworter nicht abschrecken. „Wir sind schon prinzipiell rund um die Uhr erreichbar, aber durchaus braucht es hin und wieder Geduld, um durchzukommen“, meint der Pastor Ulf Steidel.

Er leitet die Telefonseelsorge und ist schon seit 2008 dabei. Der Dienst wird von der katholischen und evangelischen Kirche angeboten. Die Ehrenamtlichen durchlaufen eine einjährige Qualifikation und auch danach sind sie nicht auf sich alleine gestellt. Ein weiteres Jahr bleiben sie in der Ausbildungsgruppe zusammen. „Die ständige Reflexion der Gespräche in der Supervision gehört zur Routine und zum Pflichtprogramm in der Telefonseelsorge“, erklärt Pastor Ulf Steidel.

Derzeit sucht das Team der rund 120 Ehrenamtlichen Verstärkung. „Wir brauchen Menschen die viel Einfühlungsvermögen, Aufgeschlossenheit und Belastbarkeit mitbringen.“ Zudem sollten sie älter als Mitte 20 sein und Lebenserfahrungen mitbringen. Die Anrufer können sicher sein, dass ihre Sorgen sehr diskret behandelt werden. „Sollten wir eine Situation als akut und schwerwiegend wahrnehmen, werben wir für weitergehende Fachberatung. Allerdings alarmieren wir das Hilfesystem nicht ohne das Einverständnis der Anrufenden.“

Die Seelsorge wisse in der Regel nicht, woher die Anrufe kommen. „Meine Aufgabe ist die Gewinnung der Ehrenamtlichen, die Ausbildung und die Supervision“, erklärt Pastor Steidel. Trotzdem hat er viel Erfahrung mit dem Dienst am Telefon. „Belastend ist schon die Erfahrung, jemanden nicht oder kaum zu erreichen. Sich zu verabschieden, ohne zu wissen, was in dieser Lebenskrise aus der Begegnung am Telefon wird.“ Ein solches Erleben sei zum Glück die Ausnahme.

Nicht nur am Telefon, auch über Chat und Mail bietet die Seelsorge den Menschen ihre Hilfe an. Hierfür muss sich auf der Internetseite der Seelsorge angemeldet werden — auch das komplett anonym. Für das Chatten vereinbart man dann mit dem Seelsorger einen Termin. Der Email-Kontakt unterscheidet sich vom Telefonat. „Die Seelsorge via Mail gleicht einem kommentierten Tagebuch oder Brief, der Chat ist Telefonieren mit Fingern“, erklärt Pastor Steidel. Ein Seelsorger steht beim Mailkontakt dem Betroffenen kontinuierlich zur Seite.

„Aus Sicht der Telefonseelsorge ist mir grundsätzlich am Abbau von Hürden und Schwellen ins Hilfesystem gelegen“, sagt der Pastor. Dazu müsse man immer wieder kritisch auf das Hilfesystem schauen. „Die Wartezeit für Lebensberatung und Therapie ist selbst im städtischen Umfeld lang und Berührungsängste zur Psychiatrie gibt es trotz der Fortschritte nach wie vor.“

Deshalb findet Pastor Ulf Steidel: „Das einfühlende Zuhören sollte nicht auf besondere Orte wie die Telefonseelsorge beschränkt bleiben, sondern Schule machen dort, wo wir auf unseren Alltagswegen unterwegs sind: lernen, arbeiten und gesellig sind.“