Sie war die erste Schulsozialarbeiterin
Als Davorka Bukovcan vor 37 Jahren in Problemschulen geschickt wurde, waren Lehrer und Schulleiter wenig erfreut.
Erzieherinnen, die eigentlich im Kindergarten mit Kleinkindern basteln wollen, werden in Problemschulen geschickt. Lehrer und Schulleiter wehren sich vehement dagegen, dass da plötzlich jemand bei ihnen im Unterricht sitzen soll. Schulsozialarbeit? Wollen wir nicht, brauchen wir nicht, hieß es. Das waren damals, vor 37 Jahren, die Bedingungen, als Davorka Bukovcan ihre Arbeit begann. Ihre Aufgabe: die Schulsozialarbeit in der Stadt, insbesondere an den Grundschulen, aufzubauen. Sie gilt damit bundesweit als Pionierin.
Im Frühjahr hatte sie ihren letzten Arbeitstag — und blickt mit Stolz und Freude zurück. Heute gibt es an allen Schulformen Schulsozialarbeiter, teils sogar an allen Standorten, Gymnasien ziehen mittlerweile nach. „Der Kampf hat sich gelohnt. Die zusätzlichen Pädagogen werden mittlerweile als Gewinn empfunden. Die Vielfalt an Mitarbeitern, vom Künstler und Sportler bis zum Sozialarbeiter, ist selbstverständlich geworden.“
Vor 37 Jahren sah das noch anders aus, Bukovcan kämpfte gegen Widerstände. „Viele Lehrer und Schulleiter hatten Sorge, dass man ihren Unterricht stört“, sagt sie. Dabei sei der Bedarf nach Unterstützung durchaus da gewesen — daher auch ihre neue Stelle. In den 70er und 80er Jahren kamen viele Familien von Gastarbeitern nach Düsseldorf — aus der Türkei, Italien, Griechenland, dem damaligen Jugoslawien. Die Kinder konnten meist kaum Deutsch, waren von einem Tag auf den anderen in einer für sie fremden Kultur, einem anderen Klima, waren völlig überfordert, erinnert sich Bukovcan. Einige hätten sich dadurch allem verweigert.
Die Aufgabe der Schulsozialarbeiter: Vertrauen gewinnen, beim Ankommen helfen, durch Spiele die Sprache und die Kultur vermitteln, motivieren nicht erst in der Hauptschule, sondern vom ersten Schultag an.
Bukovcan entwickelte Konzepte dafür. Wagenbauer Jacques Tilly, der wohl berühmteste Mitarbeiter, war dabei. Als Zivildienstleistender machte er damals kleinere, eigene Projekte mit den Kindern. Die aufregende erste Zeit prägte das Verhältnis zu Bukovcan, die beiden sind seither befreundet.
Sein Einsatz zeigt: Möglich ist viel. Die Mitarbeiter fahren mit den Kindern beziehungsweise mit den Familien teils einfach nur Straßenbahn, um zu zeigen, wie das geht. Sie machen Ausflüge zum Rhein oder zu Kunstprojekten. Sie leiten Entspannungsübungen an, unterstützen Kinder dabei, Lösungen für einen Streit zu finden, helfen ihnen, sich in andere hineinzuversetzen.
So viel anders als vor vier Jahrzehnten sei die Arbeit heute nicht. „Migrations-Wellen kommen immer wieder, es gab sie vor 40 Jahren, vor 20 Jahren genauso wie jetzt.“ Nur statt der damals zum Start der Sozialarbeit dafür gar nicht ausgebildeten Erzieherinnen werden heute längst Sozialarbeiter und Sozialpädagogen eingesetzt. Und die Schulen sind mittlerweile überzeugt von der Arbeit. Düsseldorf wurde bundesweit Vorbild, auch andere Städte setzten nun Schulsozialarbeiter schon in Grundschulen ein.
Die Herausforderungen sind allerdings gewachsen: die Kinder seien durch Krieg und Flucht stark traumatisiert, der Kulturschock für Menschen aus Ländern wie Syrien deutlich größer. Bukovcan betont dabei, dass die Arbeit allerdings allen Kinder gut tue — beispielsweise Entspannungseinheiten vor dem Start einer Stunde oder Projekte wie ein Schülerparlament. Es gehe um ein angenehmes Klima in der Schule, um bunte Angebote, Entlastung der Lehrer.
Engagiert erzählt sie davon, wie wichtig die Arbeit ist. Sie ist dennoch froh, dass sie ihr Büro nun hinter sich lassen konnte, Zeit für andere Dinge hat, für Sport, Spaziergänge, Freunde, Familie. Die Hände in den Schoss legen, das ist allerdings nichts für sie. So setzt sie sich in einem Dorf in Österreich nun dafür ein, dass die dortige Inklusionsschule erhalten bleibt. „Ich hoffe, wir schaffen das.“