Frauen in der Bau-Branche So wehren sich zwei Bau-Unternehmerinnen aus Düsseldorf

Düsseldorf · Die Baubranche wird von Männern dominiert. Das bekommen zwei Gründerinnen deutlich zu spüren. Aber sie wissen sich zu wehren.

Nahida Stepin (l.) und Petra Barthel in ihrem Büro im Medienhafen. Sie haben BB Office sowie BB Industry gegründet.

Foto: Anne Orthen (orth)/ANNE ORTHEN

Mitten in Düsseldorf, im Jahr 2021, ist Frauenfeindlichkeit für zwei Unternehmerinnen eine alltägliche Erfahrung. Die beiden Gründerinnen Nahida Stepin und Petra Barthel sitzen in ihrem Büro im Medienhafen und berichten von ihren Erlebnissen. 

Die beiden Frauen führen die Unternehmen BB Office sowie BB Industry und sind Expertinnen für den Innenausbau von Büros oder auch den Einbau von Büros in Produktionshallen. Doch viele Männer trauen Frauen das offenbar nicht zu.

Zum Beispiel der Bewerber, der neulich vor Barthel und Stepin saß, wie die beiden erzählen. Nachdem er sich zu Beginn des Treffens verwundert gezeigt habe, dass zwei Frauen das Gespräch führen, habe er den beiden ganz offen die Kompetenz abgesprochen, seine Fähigkeiten als Stahlbauer einschätzen zu können. Sie wüssten wohl eher, wie man Suppe kocht.

Regelmäßig sind laut Barthel und Stepin Kunden irritiert, dass zwei Frauen für einen Um- oder Einbau verantwortlich sind: Nach der telefonischen Beratung von Stepin und der Analyse vor Ort von Architektin Barthel bestand der Chef eines Düsseldorfer Industrieunternehmens darauf, dass auch noch ein männlicher Kollege zum Ortstermin herausfährt. 

Einen anderen Schluss zog offenbar ein Industriekunde aus Neuss. „Ich arbeite grundsätzlich nicht mit Frauen zusammen“, sagte er laut Barthel, um seine Absage zu begründen.

Neben diesen extremen Formen von Ablehnung und Anfeindungen sind die Unternehmerinnen noch häufiger mit Vorurteilen in abgeschwächten Varianten konfrontiert. 

Stepin sagt, dass man ihr und ihrer Kollegin nicht nur wegen ihres Geschlechts chronisch weniger zutraue. „Das Problem ist zudem: Wir sehen gut aus. Und wir kleiden uns auch noch modisch.“ Für manche Männer ist das offenbar zu viel: „Von welchem Laufsteg ich denn entlaufen wäre, hat mich mal ein Kunde zur Begrüßung gefragt“, sagt Stepin. Sie habe da im Alter von erst 35 Jahren noch mehr Probleme als Barthel mit 53. „Sie wird allein aufgrund ihres Alters zumindest etwas ernster genommen.“

Kleidungs- und Make-up-Fragen seien aufgrund der gemachten Erfahrungen sogar Thema für Meetings gewesen. Und die beiden passten sich etwas den Erwartungen an. Barthel trage jetzt meist lieber Jeans und einfache Schuhe beim Aufmaß, obwohl ihre Arbeit das meist gar nicht erfordere. „Ich werde sonst weniger kompetent wahrgenommen.“ Sogar der rote Nagellack irritiere ja das Gegenüber regelmäßig. Zu sehr den Erwartungen unterordnen wolle man sich aber nicht. „Am roten Nagellack halten wir fest.“

Das gilt übrigens auch für ihre teuren und großen Autos, die sie fahren und die immer wieder Reaktionen hervorrufen. „Wo ist denn der Mann zu dem Auto?“, sei schon mal eine Frage gewesen, wie Stepin erzählt. Oder: „Was will denn eine Frau mit so einem Auto?“ So parken die beiden nun meistens etwas vom Ort des Termins entfernt.

Doch nur aus dem Weg gehen kann man den Konflikten nicht. Und wenn man mittendrin ist? „Ich versuche das meistens zu ignorieren“, sagt Barthel. Stepin versuche es mit Humor: „Ich entschuldige mich gleich bei der Vorstellung schon mal für mein gutes Aussehen und meine Kleidung. Ich fahre dann fort, dass ich mich darauf freue, trotzdem demonstrieren zu dürfen, dass ich eine Wand planen kann.“

Der Humor vergehe ihr allerdings angesichts „permanenter Anmachen“. Sie gibt zu, dass sie gerne mal einfach eine klare Ansage machen würde und Aufträge canceln. „Das geht aber nicht, wir müssen ja Geld verdienen. Es geht nicht zuletzt um unsere 20 Mitarbeiter.“

Obwohl das Unternehmen wachse und erfolgreich sei, ist für Stepin klar: „Wir hätten als Männer heute einen ganz anderen Kontostand.“

Der Kampf gegen diese Widerstände war übrigens nicht nur in der Baubranche selbst nötig. Die „Frau im Bau“ ist offenbar auch sonst ein Fremdkörper in der Männerwelt. Die Suche nach Kreditgebern sei laut Stepin und Barthel existenzgefährdend gewesen. Immer wieder sei man von Banken abgewiesen worden. „Ein Bankberater hat uns ganz offen empfohlen, lieber die Branche zu wechseln“, sagt Barthel. Stepin gibt zu: „Dieser Kampf war brutal. Da bin ich emotional an eine Grenze geraten und war kurz davor, einen anderen Weg zu gehen.“

Was ein bisschen wie ein beruflicher Horrortrip klingt, ist eigentlich keiner, wie Barthel und Stepin betonen. Sie seien sehr froh darüber, was sie erreicht hätten. „Was wir tun, machen wir sehr gerne.“ Und es gebe auch viele sehr nette Kunden. „Uns ist aber sehr wichtig, dass wir alle nicht weiter so tun, als gebe es Gleichberechtigung“, sagt Barthel. Stepin fügt hinzu: „Auch für nachfolgende Generationen wollen wir ein Problem bewusst machen. Nur, indem wir das offen ansprechen, kann sich etwas im Denken von Männern gegenüber Frauen nicht nur in der Baubranche ändern. Man wolle anderen Frauen Mut machen. Denn es fehle bislang an Vorbildern in der Branche. Alle der 20 Mitarbeiter sind männlich – bis auf eine Buchhalterin.