Stadt-Teilchen „What is NR-Dabbelju? I only know BM-Dabbelju“
Düsseldorf feiert Gnadenhochzeit von Rheinland und Westfalen
Nächstes Wochenende ist es so weit: Wir feiern die Gnaden-Hochzeit von Rheinland und Westfalen. Nordrhein-Westfalen. 70 Jahre Verbundenheit durch einen Bindestrich. Das ist doch was. Auch, wenn es keine Liebes-, sondern eine Zwangsheirat war, quasi eine Vernunftehe, eher eine Zweckgemeinschaft, die da am 1. August 1946 geschlossen wurde. Verkuppelt wurden die beiden von den Briten.
Der Volksmund sagt ja immer, Gegensätze ziehen sich an. Aber kann man aus zwei unterschiedlichen Provinzen so einfach ein einig Land machen, sturköpfige Westfalen mit fröhlichen Rheinländern vermählen? Nicht wirklich. Mal ehrlich: Wer stellt sich schon als Nordrhein-Westfale vor? Oder: Wie stellt man sich einen Nordrhein-Westfalen vor? Höchstens als Abgeordneten in der Landesregierung.
Dabei haben wir ja noch nicht mal ein richtiges Regierungsviertel als Stadt-Teilchen in Düsseldorf. Die Abgeordneten, so wird unter der Hand erzählt, seien ja ganz oft gar nicht präsent. Welche Verschwendung der tollen Büros mit Rheinblick. Ist vielleicht auch besser so, sonst würden sie vielleicht nur versonnen auf den Rhein blicken und sich Sorgen machen, ob sie selbst im nächsten Jahr noch eine gute Wahl sind.
Je weiter man sich von NRW entfernt, umso verschwommener wird das Bild von Stadt-Land-Fluss, desto schwerer fällt es dem Düsseldorfer, seine regionale Herkunft zu offenbaren oder gar zu erklären. In der Ferne hält man meist ohnehin Köln für die Macht am Rhein. Mit dem Kürzel NRW kann da sowieso keiner mehr was anfangen. Bei einem Empfang einer Düsseldorfer Delegation in Tokyo fragte mich einmal ein Japaner verstohlen: „What is NR-Dabbelju? I only know BM-Dabbelju.“ Klar: Freude am Fahren!
Vielleicht sollten wir mit Freude am Feiern werben? Früher gab es in Düsseldorf mal einen Landespresse-Ball. Der war sehr beliebt. Da konnte man nicht einfach hingehen, man musste eingeladen werden. Und der Eintritt war nicht billig. Landtags-Abgeordnete wurden allerdings richtig eingeladen. Für umsonst. Aber sie kamen trotzdem nicht. Weil sie am Wochenende eh nicht in Düsseldorf sind, hieß es.
Na, vielleicht kommen ja jetzt welche zum NRW-Fest. Obwohl das Programm ja nicht gerade verlockend ist. Das Meiste klingt ziemlich piefig und provinziell. Aber vielleicht sind wir Düsseldorfer auch zu anspruchsvoll, nachdem wir uns gerade den Bauch auf der Gourmet-Meile auf der Kö voll geschlagen haben. Ich kann mich auch irren: Was einem Rheinländer als Konzeptionslosigkeit erscheint, versteht der Westfale vielleicht als Vielfalt. Oder umgekehrt. Frei nach Goethe „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.“
Ich fände es zum Beispiel nett, einen Westfalen einzuladen und ihm meine Stadt zu zeigen. Umgekehrt kann man bekanntlich lange drauf warten. Dabei würde ich auch was Schönes mitbringen und nicht wie der Westfale, wenn er eingeladen wird, die Verwandtschaft zum Mitessen.
Wär’ doch mal schön, wenn man sicher näher käme in der Heimat, oder? Ich muss die sturen Westfalen ja auch nicht gleich knutschen getreu dem offiziellen Motto: „Lass Dich drücken“. Zumindest in der landesweiten Kampagne knutscht ja schon die Westfälin den Rheinländer, der Wuppertaler den Bielefelder, die Ministerpräsidentin den Oberbürgermeister. Was soll man machen? Mitmachen? Oder sich und den Slogan umdrehen nach dem Motto: „Ich drück mich!"
Apropos Heimat: Besser als das übrige 70-Jahre-Gedöns gefällt mir das Projekt „heimat.nrw“, bei dem unser Düsseldorfer Fotokünstler Horst Wackerbarth mit seiner roten Couch unterwegs ist, quer durchs Land, um typische und markante Themen, Orte und Menschen auf seiner berühmten Sitzgelegenheit in Szene zu setzen. Der Nordrhein-Westfale als Couch Potato! Soll er ja sowieso sein. Dies bestätigt dem Bindestrich-Bürger gemeinerweise zum 70. Geburtstag eine Studie der Deutschen Kranken-Versicherung. Dabei landete NRW im bundesweiten Vergleich auf dem letzten Platz. Noch nicht einmal die Hälfte der NRW-Bürger bewege sich entsprechend der Empfehlungen Weltgesundheitsorganisation.
Also bringen wir Bewegung ins Land. Fairer Wettkampf. Muss ja nicht gerade Sackhüpfen, Eierlaufen oder Topfschlagen sein. Wie wär’s mit einem „Spiel ohne Landes-Grenzen“, so im Stil von Opas schadenfreudiger Fernsehunterhaltung in den 70-er Jahren. So ein Spektakel auf der Grünen Wiese würde sicher viele vom Sofa reißen. Als Location könnte ich mir das Nettetal an den Krickenbecker Seen vorstellen. Die haben sich ja schon jüngst beim Scheich-Picknick bewährt. Ist zwar Naturschutzgebiet, aber man kann ja noch mal fragen in der Staatskanzlei NRW. . .