Kleine Hotels Stadthotels: Düsseldorfs kleine Sterne im Schatten
Die kleinen Hotels der Stadt glänzen weniger als die Edelherbergen an der Kö. Aber sie sind viele und sie werden mit Liebe geführt.
Düsseldorf. Dunkle Holzbalken und ebenso dunkle Holzbänke scheinen den Raum zusammenzuhalten. Geweihe an der Wand, ein Kaminfeuer flackert auf einem Flachbildschirm. Ein finnisches Paar sitzt beim Frühstück. „Ist das Ihr erstes Mal in Düsseldorf?“, fragt Karlheinz Hillesheim. Die blonde Dame nickt energisch: „Yes, yes.“ Und will den schnellsten Weg in die „Old Town“ wissen. Hillesheim erklärt ihn, gibt Tipps fürs Mittagessen — das kleine Hotel an der Jahnstraße ist das Ein und Alles des 50-Jährigen. Deshalb steht ja auch sein Name über der Tür.
Spricht man über die Hotelbranche in Düsseldorf, so spricht man oft über die Intercontis und Breidenbachers und Radissons dieser Stadt. Nicht aber über die kleinen Pensionen. Und dabei gibt es sie zuhauf in der Innenstadt. Eine solche hat Karlheinz Hillesheims Urgroßvater in Friedrichstadt 1894 eröffnet, er selbst führt es jetzt in vierter Generation. Immer am selben Standort — „einmal zerbombt und von meinem Vater wieder aufgebaut“, fügt Hillesheim hinzu. Auch die dunklen Holzbänke in der kleinen Lobby hat sein Vater selbst gedrechselt. Warum der 50-Jährige jedes Angebot, das Grundstück in dieser Sahnelage gleich an der Kö zu verkaufen, ausgeschlagen hat, zeigt sich spätestens im Innenhof. Hinter einem kleinen Torbogen und Wildrosenhecken versteckt sich da ein Riegel eingeschossiger Backsteinhäuschen. Hillesheim: „Das sind unsere Landhauszimmer.“ Zu schön zum Weggeben.
In einem der 15 Zimmer des Hotels hat einst Horst „Derrick“ Tappert fünf Jahre lang residiert, wie viele andere Schauspieler mit Engagements in Düsseldorf. „Aber die bekommt man heute nicht mehr“, sagt Hillesheim. Die Theater hätten eigene Appartements oder Deals mit den großen Hotels, die aus Werbezwecken dicke Rabatte gäben. Was sich das kleine Haus Hillesheim nicht leisten kann.
„Wir haben in der Woche viele Geschäftsreisende“, erklärt der Hotelier seine heutige Klientel. Aber auch Touristen am Wochenende — Niederländer, Skandinavier. „Die Finnen lieben Düsseldorf!“ Und doch sei das Geschäft schwierig, unberechenbar bisweilen. „Gestern war das Hotel leer, und heute weiß ich nicht, wohin mit den Gästen“, verdeutlicht Hillesheim. Kopfschmerzen bereitet ihm zudem, dass immer mehr Menschen auf Hotelportalen im Internet buchen — was ihn jedesmal einen Teil seines Gewinns kostet. Gut, dass das Hotel für den 50-Jährigen, der einen Reiseführer-Verlag besitzt, heute „mehr ein Hobby“ ist.
Wenige hundert Meter weiter, selbe Branche, ganz andere Geschichte: Für Mario Beckemeyer (36) ist sein Hotel Astoria, ebenfalls an der Jahnstraße, zwar genauso eine Herzensangelegenheit, aber auch eine knallharte Investition. Vor acht Jahren, noch in den Zwanzigern, kaufte er die Drei-Sterne-Pension. „Es gibt zum Glück Banken, die mir vertrauen — und meine Familie“, sagt er. Er ist gelernter Hotelkaufmann und wollte immer nur eins: selbstständig sein. „Es ist durch Zufall Düsseldorf geworden. Ich wäre überall hingegangen“, so der Münsteraner. „Und ich hätte auch alles gemacht!“ Um ein Haar wäre es ein Landhotel mit Pferdegestüt in Berlins Peripherie geworden — dann kam das Kaufangebot fürs Astoria, ein modernes Haus mit hellen Fliesen, klaren Linien, schlankem Design.
Beckemeyer ist ein Mann der Zahlen — und hat deshalb auch überhaupt nichts gegen die Hotelportale: „Ich gebe keinen Cent für Werbung aus. Unsere Werbung sind die Bewertungen auf diesen Portalen.“ Und die Millionen von Euro, die diese in ihr Marketing stecken. Den Anteil der Portale an jeder Buchung kalkuliert er von Anfang an ein. Er weiß, dass seine Auslastung unter der Woche bei 70 bis 75 Prozent liegt, 100 am Wochenende, der Durchschnittsgast 2,3 Nächte bleibt. Er mag Statistiken. Aber auch, dass er die Hälfte aller Gäste unter der Woche gut kennt. „Sie haben ihr festes Zimmer, die Minibar ist nach ihren Wünschen bestückt, zum Frühstück steht die Lieblingsmarmelade auf dem Tisch“, erklärt der 36-Jährige. Viele seiner Gäste hätten das Budget für ein Fünf-Sterne-Haus — kommen aber zu ihm, weil sie es persönlicher mögen. Die Schattenseite: 16 Stunden an sieben Tagen der Woche arbeitet Beckemeyer — seine Frau ist wenigstens am Vormittag mit im Hotel, seine zwei Töchter sieht er nur selten.
Aber das soll nicht so bleiben: Langfristig will Beckemeyer sich Unterstützung bei der Leitung des Hauses suchen — und dann expandieren: Ein zweites Hotel in Düsseldorf ist sein Ziel. Ambitionen, die Karlheinz Hillesheim fremd sind. „In fünf Jahren kaufe ich mir ein Boot und bin weg“, hat er beschlossen — seine Tochter oder der Neffe soll übernehmen. Eine Straße, eine Branche — aber die beiden Männer sind so unterschiedlich wie die Hotels, die sie führen. Nur das Herzblut, das haben sie gemeinsam “ Haus Hillesheim, Jahnstraße 19, www.hotel-hillesheim.de; Hotel Astoria, Jahnstraße 72, www. hotel-astoria-duesseldorf.de