Corona-Krise Netzwerk „Gründer-Mütter“: „Besonders jetzt müssen wir zusammenhalten"

Düsseldorf · Stefanie Gundel hat vor mehr als einem Jahr das Netzwerk „Gründer-Mütter“ ins Leben gerufen. Mehr denn je sei es jetzt gefragt. Damit sich die selbstständigen Frauen in der Krise gegenseitig Mut zusprechen.

Stefanie Gundel hat das Netzwerk „Gründer-Mütter“ ins Leben gerufen.

Foto: Laura Stecher/ Einfallslicht

Es sind schwere Zeiten für Selbstständige. Aufträge und Einnahmen brachen von heute auf morgen weg, die Ungewissheit, ob, wie und wann es weitergeht mit dem kleinen Unternehmen, der Marke, dem eigenen Laden kann zermürben. „Deshalb ist es gerade jetzt ganz wichtig, dass wir zusammenhalten, uns gegenseitig motivieren, aber vor allem auch kreativen Input geben, wie es weitergehen kann“, sagt Stefanie Gundel. Sie coacht berufstätige Mütter und hat vor mehr als einem Jahr das Netzwerk „Gründer-Mütter“ ins Leben gerufen. Das Netzwerk bringt Frauen, die den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt haben, zusammen und formt aus Einzelkämpferinnen ein Team. „Zusammengehörigkeitsgefühl und Zuspruch waren noch nie so wichtig wie jetzt“, sagt die promovierte Volkswirtin.

Die Beratung von Gründerinnen steht im Vordergrund

Sie weiß aus eigener Erfahrung, mit welchen Herausforderungen Gründerinnen konfrontiert sind, kennt aber auch die Gründe, die in die Selbstständigkeit führten. Denn auch bei ihr, wie bei vielen Frauen im Netzwerk, wurde nach der Geburt ihrer Kinder der Wunsch nach beruflicher Veränderung stärker. „Mein ganzes Leben hatte sich durch die Geburt meines ersten Kindes verändert: meine Bedürfnisse, meine Ziele, meine Anforderungen an meinen Job und vieles mehr. Ich spürte ein Bedürfnis nach einer neuen Aufgabe, nach etwas vollkommen Neuem. Dies sagten mir auch meine Erfahrungen als berufstätige Mütter.“ Nach der Ausbildung zum „Systemischen Coach“ berät sie nun Frauen im Zwiespalt zwischen Beruf und Karriere. „Wenn Frauen aus der Elternzeit zurück an den Arbeitsplatz kommen, werden sie häufig anders angesehen und ihre Leistungsfähigkeit anders beurteilt und eingeschätzt. Das versetzt sie unter einen enormen Druck“, sagt Stefanie Gundel.

Aktuell konzentriert sich die dreifache Mutter aber auf die Beratung von Gründerinnen. „Zurzeit erreichen mich sehr viele Emails von Rat suchenden Frauen“, sagt sie. „Die Corona-Krise war ein herber Schlag. Viele wissen gerade nicht, wie es weitergehen soll.“ Eine Gründerin mit einem mobilen Reisebüro, eine Yoga-Trainerin, Anbieter von Kindersport- und Kreativkursen, Designerinnen und Fotografinnen – sie alle hatten plötzlich keine Aufträge mehr.

Und auch Jaci Lampertz, die Gründerin von „Little Bags“ (kleine Tüten) mit Mitgebsel für Kindergeburtstage oder Hochzeiten, musste plötzlich umdenken, nachdem wegen des Corona-Virus` alle Feste und Zusammenkünfte abgesagt und damit ihre Aufträge storniert wurden. „Das Netzwerk gibt bei diesem Umdenken und Anpassen an die aktuelle Situation viel Unterstützung und Input. Die Gründerinnen sprechen sich nicht nur gegenseitig Mut zu, sie geben auch kreative Impulse. Wir brainstormen gemeinsam“, sagt Gundel. Zuletzt hat sich die Gründer-Mütter-Community zu einer ganz besonderen Videokonferenz verabredet: Jede Gründerin hatte zwei Minuten Zeit, ihre Situation zu schildern und ihre Fragen an die Gruppe zu formulieren. Die anderen sammelten dann in weiteren zwei Minuten, Ideen und Tipps. „Vielen Selbstständigen fehlt gerade ein Sparringspartner. Deshalb ist das Netzwerk so wertvoll“, sagt Gundel. Jaci Lampertz hat mittlerweile eine Lösung für sich gefunden. Sie hat sogenannte „Daily Bags“ für Kinder gestaltet, die gegen die Langeweile im Corona-Alltag helfen sollen.

Neben den Zukunftsängsten haben aktuell viele der Frauen im Netzwerk noch etwas gemein: Sie müssen neben ihrer beruflichen Perspektive ihre Kind im Blick halten. Wortwörtlich. Und gerade Stefanie Gundel weiß als Coach berufstätiger Mütter, dass diese Ausnahmesituation eine neue Denkweise erfordert. „Die Vorstellung, im Homeoffice mit Kindern nun weiterzuarbeiten wie bisher, ist schlicht unrealistisch und erhöht nur den Druck“, sagt sie. „Der Anspruch muss der Situation angepasst werden, es müssen Prioritäten und Teilziele gesetzt werden.“

Innerhalb der Familie braucht es klare Absprachen

Ebenso wichtig seien klare Absprachen mit der Familie. „Wie in einem Team-Meeting im Unternehmen müssen sich auch zu Hause alle Familienmitglieder über die Situation austauschen. Und es müssen klare Regeln formuliert werden, Absprachen getroffen und schriftlich fixiert werden. In einem Wochenplan, der für alle sichtbar aushängt“, empfiehlt Gundel. Darin werden die Aufgaben notiert. „Wenn eine erledigt ist, kann sie abgehakt werden. So bekommt jeder vor Augen geführt, dass er trotz dieser außergewöhnlichen Situation weiter produktiv ist.“

Der Blick in die Zukunft sei, trotz oder gerade wegen des gefühlten Stillstandes, wichtig. „Wenn es gerade jemandem einfach zu viel ist, soll er sich die Phase nehmen. Aber dann muss es auch weitergehen“, betont Gundel. Ihre Kinder haben das bereits verinnerlicht. Ihre Tochter will in der Corona-Zeit unbedingt einen Handstand lernen. Sie übt jeden Tag ein bisschen. „Die Zeit kann positiv genutzt werden“, sagt Gundel. Denn aus der Krise könne man gestärkt hervorgehen. Beruflich und auch privat.