Straßenfeger Halbfinale: Viele feierten gemeinsam

Vor den Fernsehern in der Altstadt gab es gestern Abend kaum einen freien Platz mehr.

Düsseldorf. Die Straßen sind gestern Abend so leer gefegt wie sonst nur an Weihnachten. Aus den Fenstern wehen die Fahnen. Herbert Schenkelberg sitzt mit Deutschlandschal um den Hals und Tee in der Hand beim "Runden Tisch" in der Türkischen Gemeinde an der Münsterstraße. Mal jubelt er, mal jubelt Ismail Kiziltan, der Vorsitzende des türkischen Kulturvereins. Kiziltan sagt: "Hauptsache, es gibt ein schönes Spiel. Ein bisschen freundschaftliche Rivalität gehört einfach dazu."

Auf der Kölner Straße feiern Deutsche und Türken gemeinsam, von Rivalität keine Spur. Fatih Polat hat eine Deutschlandfahne in der Linken und eine türkische in der Rechten: "Mir ist egal, wer gewinnt, ich feiere trotzdem." Und zwar mit seinem besten Freund Marcel Dietz. Dieser sagt: "Später gehen wir zusammen in die Altstadt."

Dort herrscht Hochstimmung. Schon um 19 Uhr trommeln und feiern die türkischen Fans am Stadtbrückchen. Um 20 Uhr sind die Plätze am Rheinufer dicht besetzt, die Kellner kämpfen sich durch die Tischreihen und am Gitter drängeln sich Fans, um wenigsten einen kurzen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen.

Ähnlich dicht an dicht jubeln auch die Fans im Uerige und an der Bolkerstraße. Selbst die Polizisten wirken sehr gelassen. Einige haben sich in die Einsatzfahrzeuge zurück gezogen und starren gebannt auf etwas, das aussieht wie ein kleiner Bildschirm. Etwa ein Fernseher? "Dazu sag ich jetzt nichts", sagt ein Uniformierter und lacht.

Auch in den Stadtteilen wird das Spiel friedlich verfolgt. Hans-Werner Backes, Schützenchef von Flingern, hatte 16 Sicherheitskräfte angeheuert, aber im Schützenzelt gibt es nur Aufregung wegen des starken Auftritts der Türken. Statt der möglichen 800 sind nur 150 gekommen. "Die drei Euro Eintritt, die Schlösser will, haben viele verschreckt", sagt Backes.

Nachdem der erlösende 3:2-Siegtreffer gefallen ist, müssen die Fans der deutschen Elf noch bange Minuten durchstehen. Doch nach fast vier Minuten Nachspielzeit können sie endlich rufen: "Fi-na-le! Fi-na-le!" In der Altstadt wird wild gefeiert. Die Kö ist innerhalb kurzer Zeit durch Autos verstopft.

Wer nicht im Kö-Korso festhängt - hier geht es weder nach vorne noch zurück - kurvt hupend durch die Stadt.

Mittendrin im Kö-Getümmel sind Okan Top und Piotrek Terchowski. Okan kommt aus der Türkei, Piotrek aus Polen. Trotzdem feiern sie mit den Deutschen. Okan sagt: "Ich bin zwar Türke. Aber - ganz ehrlich - ich habe den Deutschen die Daumen gedrückt. Die spielen eben besser." "Die Polen sind zwar rausgeflogen. Aber bei den Deutschen spielen ja auch zwei Polen. Dann passt das für mich", sagt Piotrek.

Zwischen ein und zwei Uhr sind die meisten Fans auf dem Weg nach Hause. Einige müssen von ihren Freunden gestützt werden.