Suche nach der Weihnachts-Nostalgie
Traditionelles darf auch in hektischen Zeiten nicht fehlen: Eine Entdeckungsreise über Düsseldorfs Weihnachtsmärkte.
Menschenmassen, die sich hektisch durch die Stadt schubsen, Stände mit Tischdecken oder Filz-Taschen, Silberschmuck — auf den Weihnachtsmärkten wirkt so manches gar nicht weihnachtlich. Doch wer sich auf die Suche nach Nostalgie begibt und in Erinnerungen an Kindertage schwelgen mag, braucht nur die Augen offen zu halten. Und sich auf Gespräche einlassen. Blechspielzeug wie aus den 20er Jahren, Spieluhren und Winterlandschaften mit liebevollen Details, Engelspyramiden und bemalte Glaskugeln erfüllen so manchen Kindheitstraum.
Staunend bleiben Christiane Ferber und Leyla vor dem Spieluhrenstand am Schadowplatz stehen. Überall leuchtet es aus kleinen Fachwerkhäuschen, in einem Winterdorf zieht eine Mini-Eisenbahn langsam Kreise, verschwindet in einem verschneiten Tunnel. Glashänger klimpern leise, aus einer Ecke tönt eine zarte Melodie. „Einfach wunderschön“, sagen die beiden. Sie lieben traditionelle Stände wie diesen. Bernhard Schmuder ist mit ihnen einer Meinung: Schon als Kind haben ihn die Spieluhren und die Häuser fasziniert. Aus einer Sammel-Leidenschaft ist für ihn ein Traumberuf geworden. „Auf den Messen kaufen wir das ein, was uns gefällt. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen“, sagt er.
Auch Annette Schwalbe hat sich einen lange gehegten Wunsch erfüllt. Sie hat gleich zwei Engelspyramiden im Gepäck mit nach England, eine für ihre Familie, eine zum Rheinbahnerschenken. „Ich wollte schon immer eine haben“, sagt sie. Besonders jetzt, an ihrem neuen Wohnort, will sie ihre Weihnachts-Traditionen weiter erleben — neben den britischen: „Wir feiern auf beide Arten.“ Am Stand von Sikora ist sie fündig geworden: Maximilian Küpper verkauft dort unter anderem noch Räuchermännchen mit Charakterköpfen, Nussknacker, handbemalte Weihnachtskugeln und Schwibbögen — Hauptsache traditionell. Die Ware ist günstig, handgefertigt in China, Küppers Chef achte dabei persönlich auf faire Bedingungen. „Wir verkaufen eben für den kleineren Geldbeutel.“
Hier ist eine Pyramide für 40 Euro zu haben, nebenan bei Käthe Wohlfahrt kann man dafür auch 300 Euro ausgeben. Schlangen bilden sich vor der Bude, ein enger Gang führt hindurch. Innen ist jeder Zentimeter ausgefüllt mit Anhängern in bunten Farben, von Holz bis Glas, vom Schlitten mit lachenden Kindern bis zum Tannenbaum. Fingergroße Figürchen reihen sich auf der einen Seite aneinander, meterbreite, detailreiche Holzschnitzereien thronen auf einem Regal auf der anderen Seite. Man hört Englisch, Russisch, Italienisch, viele Touristen kommen. Für sie scheinen modernere Figuren wie ein Räuchermännchen mit bayerischem Bierkrug gemacht. Gudrun Köhler sucht eher das Traditionelle und wartet noch, bis sie sich in Ruhe umsehen kann. Sie mag es wie anno dazumal, holt sich Jahr für Jahr ein neues Räuchermännchen für ihre Sammlung. „Käthe Wohlfahrt, das steht für echtes Handwerk, von hier gemacht, und das sieht man“, sagt sie.
Nur durch Zufall ist Rainer Schmid auf einen ganz anderen Stand gestoßen, der ihn aber sehr glücklich macht. Beim Bummel durch die Flinger Straße hat er Blechspielzeug entdeckt: Tiere, Kreisel, Figuren. „Das kenne ich noch aus meiner Kindheit, damit haben wir immer gespielt“, erzählt er. Einen Flieger und ein Karussell nimmt er nun mit nach Hause, als Erinnerungsstück für sich. „Wenn das nicht Weihnachten ist“, findet er.
Bunt bemaltes Spielzeug von früher, das sich mit einem Drehschlüssel aufziehen lässt, lädt die Besucher zum Ausprobieren ein: ein pickendes Huhn, ein hüpfender Frosch, ein sich rasend schnell drehendes Rad mit sprühendem Licht. Raffinierte Mechanik versteckt sich oft unter dem Blech, zum Beispiel bei einem Kreisel, unter dem sich eine Schlange durchwindet. „Die einzelnen Stücke sind alle so gemacht wie damals, aus den 20ern oder den 40ern“, erzählt eine Verkäuferin. Vor allem Sammler kaufen bei ihr ein, die Nostalgie lieben — und sich zum Fest ein Stück Erinnerung gönnen.