Gastronomie Terrassen statt Parkplätze: Gastronomen hoffen auf Verlängerung

Düsseldorf · Die Sonderregelung hilft vielen. Doch die Dehoga befürchtet, dass weitere Betriebe die Krise nicht überstehen.

Charalampos Ikonomou bedient Gäste im „Himmel & Ähd“. Die meisten wollen draußen sitzen. Zwei Parkplätze gehören jetzt zur Terrasse.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Zwei Parkplätzen verdankt Louisa Becker ihren Optimismus: „Die Lage ist nicht mehr existenzbedrohend“, sagt sie. Heute sitzen die Gäste nach Wochen der Corona-bedingten Schließung vor ihrem Brauhaus. „Sie trinken ihr Bier, genießen die Aussicht. Davon leben wir“, sagt die Geschäftsführerin des „Himmel & Ähd“ an der Nordstraße 53. Zehn Tische stehen nun auf der vergrößerten Terrasse, teilweise auf  Parkplätzen. Eingerahmt von Bambus-Sichtschutz und Pflanzen erinnert kaum etwas daran, dass an dieser Stelle sonst zwei Autos standen. „Dass wir unsere Terrasse vergrößern konnten, hat uns wirklich gerettet“, sagt Becker. „Denn drinnen machen wir keinen Umsatz. Die Leute wollen nicht reingehen, sie wollen draußen sitzen. Wegen des Wetters, aber auch wegen Corona“, sagt sie. „Hätten wir die Parkplätze nicht bekommen, wir hätten den Laden gar nicht erst wieder aufmachen müssen.“

In 197 Fällen wurden Parkplätze zu Terrassen umfunktioniert

Bisher sind 299 Anträge oder Anfragen nach Erweiterung von Außenterrassen durch die Gastronomie beim Ordnungsamt der Stadt eingegangen. Genehmigt wurden 197 Erweiterungen (Stand 20. Juli). Bislang wurden nur fünf Anliegen abgelehnt — weil durch die Vergrößerung der Terrasse der  Verkehr behindert worden wäre, die Bahn, ein Radweg oder auch ein Taxistand. Kosten kommen auf die Gastronomen für eine größere Terrasse nicht zu.

Bei 147 Genehmigungen wurden Stellplätze zu Terrassenflächen umfunktioniert. „Bei der verkehrlichen Prüfung wird beim Verzicht auf Stellplätze von der Straßenverkehrsbehörde geprüft, ob dies an der beantragten Stelle zu Lasten der Allgemeinheit vertretbar ist. Die Anzahl ist in der Regel durch die Länge der Front des Betriebes begrenzt. Es können somit nur ein Platz, aber auch bis zu fünf Plätze zum Tragen kommen“, teilt ein Stadtsprecher auf Anfrage mit. Bisher seien beim Ordnungsamt rund 20 Beschwerden eingegangen. Anwohner bemängelten den Wegfall von Parkplätzen oder auch Ladezonen. „Wenn der Hintergrund der Hilfe für die Gastronomen und die Beschränkung der Aktion bis zum 31. Oktober erläutert wird, ist häufig doch Verständnis dafür vorhanden“, sagt der Stadtsprecher.

Diese Erfahrung hat auch Christian della Porta, Betriebsleiter im Quintoo an der Kaiserswerther Straße, gemacht. Eine ältere Nachbarin habe sich über den Lärm beschwert. „Wir haben ihr unsere Situation erklärt. Dann war es okay“, sagt der Betriebsleiter. Beschwerden von Anwohnern, die nun vor dem Quintoo sechs Parkplätze weniger zur Verfügung haben, habe es nicht gegeben.

In den sozialen Netzwerken  sieht das anders aus. Einige Anwohner aus Vierteln, in denen die Parkplätze ohnehin schon knapp bemessen sind, machen ihrem Ärger Luft. Auf der Tußmannstraße beispielsweise sei die Parkplatzsituation seit Jahren „katastrophal“. Anwohner befürchten, die wenigen Parkplätze würden nun „dauerhaft von der Gastronomie blockiert“. „Mehr Parkplätze wären mir deutlich lieber als mehr Sitzplätze im Restaurant“, schreibt eine Pempelforterin und erntet gleichermaßen Zuspruch wie Gegenwind. „Jeder zweite Tisch fällt bei den Gastronomen wegen der Abstandsregeln weg. Wenn man nach Corona noch irgendwo essen  oder ein Bier trinken gehen möchte, muss man Kompromisse machen. Sonst gehen die Läden bankrott“, wird dagegen gehalten.

Wie ernst die Lage ist, wurde in den vergangenen Tagen deutlich. Die ersten Lokale mussten schließen, darunter „Robert‘s Bistro“, „Kikaku“ oder die „Dorfstube“ in Oberkassel.

Der Hotel- und Gaststättenverband NRW geht davon aus, dass rund 30 Prozent der Restaurants die Corona-Krise nicht überstehen werden. Gastronomen in Düsseldorf müssten  bis Ende des Jahres mit mehr als 50 Prozent an Einbußen rechnen. Jetzt, im Sommer, könnten die Gastronomen auf ihren Terrassen noch bescheidene Umsätze machen. Ab dem Herbst sei das aber vorbei.

Am 31. Oktober endet die Sondernutzung der Terrassenflächen. Das Datum markiert laut Stadt den Übergang von der Haupt- in die Nebensaison. Louisa Becker  hofft inständig, dass sie über den 31. Oktober hinaus die Fläche vor dem „Himmel & Ähd“ nutzen kann.  „Aber weil wir es noch nicht wissen, können wir jetzt auch noch nicht in Pavillons oder ähnliches investieren, damit die Gäste auch bei Kälte draußen sitzen können.“

Die Stadt legt sich diesbezüglich noch nicht fest. Auf Nachfrage, ob die  Regelung verlängert wird, heißt es von einem Sprecher nur: „Die Möglichkeit zur Erweiterung der Terrassenflächen wurde aufgrund der Abstandgebote infolge der Corona-Pandemie getroffen. Insofern bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.“