Konzert Mariam Batsashvili wie die junge Clara

Düsseldorf · Sternzeichen-Konzert zum Schumann-Jubiläum. Am Ende wurde es dramatisch.

Mariam Batsashvili  beim Sternzeichen-Konzert.

Foto: Tonhalle Düsseldorf / Susanne Diesner Fotografie/Susanne Diesner - Photography fo

Sie legt nicht nur Wert auf distanzierte Eleganz in schmucklos schwarzem Anzug, sondern Mariam Batsashvili hat am Steinway gerne alles unter Kontrolle. Als die 26jährige, die bereits 2014 den Franz-Liszt-Wettbewerb in Utrecht gewonnen hat, mit federndem Schritt das Podium in der gut besuchten Tonhalle zum „Sternzeichen“ betrat, spürte man die Aura einer Künstlerin, die es gerne gepflegt und kultiviert hat. In der aparten Georgierin, mit deren Konterfei das Schumann-Fest auf seinen Plakaten wirbt, sehen manche gar eine Clara Schumann unserer Tage.

So tourt sie in den nächsten Monaten auf mehreren Kontinenten mit dem Klavierkonzert, das die 16jährige, damals Clara Wieck, 1835 im Leipziger Gewandhaus uraufführte (mit Dirigent Felix Mendelssohn-Bartholdy). Und das die Symphoniker, zur Feier von Claras 200. Geburtsjahr, erstmals in einem Abokonzert zum Besten geben. So dürfte diese Aufführung mit Alexandre Bloch am Pult in Düsseldorfs Musikgeschichte eingehen.

Ein Spiel mit mädchenhafter
Zartheit und Zauber

Nun ist Batsashvili keine 16 mehr, doch sie entlockt Claras kompositorischem Gesellenstück mädchenhafte Zartheit und Zauber. Und pflegt einen leichten, federnden Anschlag, selbst in den kniffligen Passagen der drei Sätze, die pausenlos ineinander übergehen. Die perlenden Figuren, Sprünge und Oktavketten, die die Georgierin zum Leuchten bringt, erinnern an Chopins e-moll-Klavierkonzert, seltener an den jungen Liszt. Den berühmten Polen Chopin hat die junge Leipzigerin sicherlich genau studiert. Darauf weisen Ähnlichkeiten im Aufbau ihres unterhaltsamen Werks. In dem Andante, in dem das Solo-Cello (Nikolaus Trieb) und Klavier einen elegischen, gefühlvollen Liebesdialog zelebrieren (beinah wie in einem Chopin-Nocturne), hütet sich Batsashvili vor klebriger Süße. Sie setzt auf zurückhaltenden, schüchternen Klang, der von Innen leuchtet.

Fabelhafte Technik, feine Linien, sicherer Geschmack: All’ das zeichnet Claras Werk aus, das auf der Höhe der damaligen Zeit war, aber sicherlich nicht in den Olymp der Klavierkonzerte gehört. Und so unaufgeregt spielt es Batsashvili auch. Passend dazu: ihre heiter wiegende Zugabe, ein Menuett des polnischen Komponisten und Politikers Ignac Paderewski.

Ein fließender, transparenter
Sound der Symphoniker

Den Rahmen für Clara bilden Robert Schumanns „Manfred“-Ouvertüre und Debussys „Drei Nocturnes. Symphonisches Triptychon für Orchester und Frauenchor“. Hier beweisen die Symphoniker fließenden, transparenten Sound, die Frauen des Musikvereins indes sensibel abgestimmte Harmonie mit dem Orchester. Dann noch eine Auftragskomposition von Luca Lomboardi, Jahrgang 1945.

Der 73jährige Italiener verfasste für das Schumann-Fest das 20-Minuten-Opus „Sarah und Hagar“ für Orchester und zwei Frauenstimmen (Text: Michael Krüger). Hier geht es, flapsig gesagt, um alttestamentarischen Zickenkrieg der beiden Frauen Abrahams. Sarah, die Ältere, die erst schwanger wird, nachdem ihr Mann mit der jungen Hagar einen Nachkommen gezeugt hat. Die beiden Solistinnen in langen Roben zanken und streiten in allerhöchsten Sopran-Registern. Die ägyptische Magd, die von Abraham den Sohn Ismael empfängt (den späteren Stammvater der Araber) und später verstoßen wird. Daneben die alte, geifernde Sarah, die dem Jungen Isaak (später Stammvater von Juden und Christen) das Leben schenkt und zur Furie mutiert. Lombardi lässt in dem überwiegenden Sprechgesang Hagar (Marisol Montalvo) und Sarah (Eir Inderhaug) bis an die Grenzen gehen. Sie fauchen, heulen  auf, fiepen und schreien. Der Kampf der Hyänen taucht ein in freitonale Klangkulisse mit grell aufflackernden Schlagwerken und dramatischen Zuspitzungen von Blechbläsern und extrem hohen Streichern. Düster klingt am Ende die Utopie: „Ist es nicht Zeit, den Streit zu beenden?“ Angesichts der Religions-Konflikte von heute nicht mehr als ein frommer Wunsch des Tondichters. Heute noch einmal: 20 Uhr Tonhalle.

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