Düsseldorf Unterwegs mit der Polizeistreife

Gerade zur Weihnachtszeit haben Taschendiebe Hochsaison. Die WZ hat eine Polizeistreife begleitet.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Daniel Wolff kippt den letzten Schluck Kaffee runter. Ein letztes Mal reibt er im Pausenraum seine Hände aneinander, um sich aufzuwärmen. Dann streift er die schwarzen Lederhandschuhe über die Finger und checkt mit Kollege Fabian Ehring noch schnell die Funkgeräte. Dann geht es auch schon los: Die beiden Polizisten der Altstadtwache laufen Streife über die Weihnachtsmärkte der Stadt, vom Heinrich-Heine- bis zum Burgplatz.

Noch keine halbe Minute sind sie unterwegs an diesem Samstag, als sie eine ältere Dame im roten Mantel anspricht. „Wo geht’s denn hier zum U-Bahnhof?“, fragt die. „Einfach geradeaus, Sie sind fast schon da“, antwortet Wolff. Weit kommen die beiden Beamten mit ihren knallgelben Warnwesten über der Polizeiuniform nicht: Schon vor der nächsten Pizzeria fragt sie der nächste Mann nach dem Weg. „Wir sind hier Ansprechpartner für alles“, sagt Fabian Ehring. „Mal werden wir gefragt, wo es die besten Reibekuchen gibt, ein andermal wo es zu Karstadt geht.“

Eigentlich geht es den beiden Beamten aber nicht darum, Touristen den Weg zu erklären. Sondern darum, die Altstadt ein Stück sicherer zu machen. „Wir haben in der Weihnachtszeit so viele Menschen auf einmal in der Stadt wie sonst zu keiner anderen Zeit des Jahres. Das ist natürlich ein gefundenes Fressen für Taschendiebe“, sagt Daniel Wolff (27). Die auf frischer Tat zu ertappen sei schwierig. „Wir sind mit unseren Warnwesten und Uniformen so auffällig, wenn wir kommen sind die schon längst über alle Berge“, sagt sein 31-jähriger Kollege. Ihnen geht es vor allem darum, die Besucher zu sensibilisieren.

Auf der Bolker Straße angekommen tippt Ehring seinen Kollegen an, deutet stumm auf die Tasche einer jungen Frau in gelber Jacke. Die braune Handtasche trägt sie über der Schulter, den Reißverschluss hat sie offen gelassen. Mit spitzen Fingern greift der Polizist in die Tasche — und wird nur im letzten Augenblick von der Bekannten der jungen Frau aufgehalten, die den jungen Polizisten im letzten Moment noch bemerkt. „Hey, lassen Sie das!“, ruft die Frau und schaut erschrocken drein. „Keine Angst, das war nur ein Test“, beschwichtigt Ehring: „Passen Sie besser auf in Zukunft, vielleicht fasst Ihnen das nächste mal kein Polizist in die Tasche, sondern ein Taschendieb.“ Die junge Frau macht den Reißverschluss zu, gelobt Besserung und geht weiter. Daniel Wolff schüttelt den Kopf. „Das ist einfach leichtsinnig. Aber leider ist vielen nicht bewusst, wie einfach sie zum Opfer eines Diebstahls werden können.“

Weiter geht die Zwei-Mann-Streife in Richtung Marktplatz. Im Getümmel des Weihnachtsmarktes vor dem Rathaus sieht Ehring das nächste potenzielle Opfer: „Ich geh’ noch mal ein bisschen Spielen“, sagt er und schmunzelt. Langsam schleicht er sich von hinten an eine Dame im grauen Pullover heran, öffnet den Reißverschluss ihres Rucksacks und hält schon ein Handy in der Hand. Die Besitzerin hat das offenbar gar nicht bemerkt: Sie unterhält sich munter weiter mit ihren Freundinnen und nippt an ihrem Glühwein. Fabian Ehring tippt sie an und zeigt ihr das Handy: „Huch, wie sind Sie denn daran gekommen?“, fragt die Frau. „Passen Sie bitte besser auf“, sagt der Polizist und gibt ihr das Handy zurück.

So geht es noch ein paar Mal an diesem Tag. Wären die beiden Beamten wirklich Taschendiebe, dann hätten sie nach gut einer Stunde eine stattliche Beute vorzuweisen. „Und dabei sind wir ja nichtmal Profis“, sagt Daniel Wolff. 90 Prozent der so angesprochenen Passanten seien Dankbar für die Tipps der beiden. „Nur wenige motzen uns dafür an“, sagt Wolff. Trotzdem sei es immer wieder ein seltsames Gefühl, fremden Leuten in die Taschen zu greifen: „Andere verhaften wir ja schließlich dafür“, sagt Ehring — und lacht.

Das Funkgerät seines Kollegen piepst: „Wir haben einen Einsatz“, sagt der. Eine bewusstlose Person befindet sich angeblich vor den Toiletten am Marktplatz. „Ein Passant hat in der Wache angerufen und das gemeldet, wir gehen mal nachschauen“, sagt Wolff. An Ziel angekommen finden sie jedoch niemanden: „Tja, offensichtlich ging es demjenigen doch nicht so schlecht. Sowas Passiert halt.“

Mit der Zeit kennen die beiden ihre Pappenheimer. „Dafür bekommt man einen Blick“, sagt Fabian Ehring. Wer in Jogginghose rumrenne und bei der Kontrolle kein Geld dabei habe, der mache sich verdächtig. „So geht ja in der Regel niemand einkaufen, das könnte ein potenzieller Taschendieb sein“, sagt er. Mittlerweile würden sich viele Diebe aber auch anpassen: „Wer auf der Kö klauen will, zieht sich auch dementsprechend an — das macht es uns schwerer.“

Am Ende der ersten Runde haben Wolff und Ehring zwar keinen echten Diebstahl aktiv verhindert, aber doch einige potenzielle Opfer geschockt. „Hoffen wir, dass das was gebracht hat“, sagt Daniel Wolff. Und zieht mit seinem Kollegen weiter: „Eigentlich ist der Weihnachtsmarkt für uns schon zur Routine geworden, alle Jahre wieder eben.“