Düsseldorf Weniger Stadttauben dank Plastikeiern
Tierfreundliches Projekt zeigt erste Erfolge. Eier werden ausgetauscht.
Düsseldorf. Mal ist ihr Gefieder weißgrau gemustert, mal dunkelgrau und seltener ist sie in ein dunkelbraunes Federkleid gehüllt. Beliebt aber ist die Stadttaube nirgends: Von der weißen Friedenstaube einmal abgesehen, ist das Image der Gattung Columba livia forma domestica denkbar schlecht. Ihr Kot verdreckt Gehwege, Gebäude, Autos und ist vielen Stadtbewohnern ein Dorn im Auge. An Problemstellen lässt die Stadt nach eigenen Angaben bis zu 12 Mal wöchentlich Gehwege und Straßen reinigen. Und unter Brücken müssten die Reinigungskräfte stellenweise alle 14 Tage mit dem Hochdruckreiniger anrücken, sagt Stefan Ferber, Leiter des Umweltamtes.
Vor einigen Jahren wurden noch Rufe laut, die Vögel einfach zu vergiften. 2008 etwa legten Unbekannte am Hauptbahnhof vergiftetes Futter aus, 25 Tiere verendeten daran. Und ein Jahr später gab es den nächsten Fall, in mehreren Innenhöfen der Altstadt wurden Köder gefunden.
Erlaubt ist das nicht. Dass es aber auch schlichtweg nicht notwendig ist, zeigt das Düsseldorfer Beispiel. „Es sieht momentan danach aus, als hätten wir das Taubenproblem im Griff“, sagt Klaus Meyer, Leiter des städtischen Veterinäramtes: „Die Population ist mittlerweile leicht rückläufig.“ Zwar liege der Rückgang erst einmal nur im einstelligen Prozentbereich, das sei jedoch schon ein großer Erfolg. Wie viele wilde Tauben es in Düsseldorf derzeit gibt, kann niemand mit Sicherheit bestimmen.
Im Jahr 2008 hat der Tierschutzverein (damals der Verein „Stadttiere“, der mittlerweile im Tierschutzverein aufgegangen ist) damit begonnen, nach tierfreundlichen Methoden zu suchen, um die Population der Tauben sukzessive zu reduzieren. Bis heute sind an insgesamt neun Standorten Taubenschläge entstanden, in denen ehrenamtliche Mitarbeiter die Eier der Tauben gegen Plastik-Attrappen austauschen. So soll verhindert werden, dass die Population der Vögel unkontrolliert in die Höhe schießt. Die Zahl der ausgetauschten Eier nimmt seitdem von Jahr zu Jahr zu: 2013 wurden laut Verein rund 5200 Eier ausgetauscht, vergangenes Jahr waren es mehr als 5700. Meyer rechnet vor: „Aus ungefähr jedem vierten Ei wäre vergangenes Jahr eine Taube geschlüpft, so hätten wir heute etwa 1400 Tiere mehr, die wiederum Junge bekommen hätten.“
Der jüngste Schlag steht in Garath, in unmittelbarer Nähe des S-Bahnhofes. Vor etwas mehr als einem Jahr wurde das kleine Taubenhaus in Betrieb genommen. Mittlerweile haben die Tauben es akzeptiert. Innen dienen kastenförmige Regalwände mit Tonschalen den Vögeln als Brut- und Nistplätze; in der Mitte stehen Futtertröge. „Tauben sind faule Tiere, die keinen Grund sehen umzuziehen, wenn sie einen Ort haben, an dem sie Futter und Brutplätze finden“, sagt Nadine Dluzynski, beim Tierschutzverein zuständig für Wildvögel in der Stadt. Sie betreut auch die Taubenschläge im Stadtgebiet. Drei bis vier Mal in der Woche schaue ein ehrenamtlicher Helfer im Taubenschlag vorbei, füttere die Tiere, reinige das kleine Gebäude und tausche die Eier gegen Plastik-Attrappen aus. 60 bis 70 Vögel hätten sich mittlerweile schon im Schlag niedergelassen. „Unser Ziel war es, die Tiere aus dem Marktbereich herauszuholen“, sagt Dluzynski. Bis auf wenige Ausnahmen sei das auch gelungen.
Dadurch, dass kaum neue Tauben schlüpfen, soll die Population in der gesamten Stadt zurückgehen. „Das Ziel ist es, die Population altern zu lassen, bis sie einen ganz natürlichen Tod stirbt“, sagt Klaus Meyer. Dass die Tauben so irgendwann aber ganz aus der Stadt verschwinden, sei eine Illusion, da immer wieder neue Tauben von außerhalb in die Stadt kommen. Ein bis zwei Gelege pro Jahr müssen die Tierschützer zudem schlüpfen lassen: „Sonst bekommen die Tauben das Gefühl, dass mit dem Schlag etwas nicht stimmt und fliegen aus“, sagt Nadine Dluzynski. Da sei es schon ein großer Erfolg, wenn die Zahl der Tiere leicht rückläufig sei, wie es im Moment der Fall ist.
Das Problem: Schläge könne nicht überall errichtet werden. Diese würden nur wirken, wenn auch eine entsprechende Vergrämung gewährleistet sei, sagt Meyer. Gemeint sind damit spitze Drahtstäbe, wie sie beispielsweise an Bahnhöfen auf Querbalken und Vorsprüngen angebracht sind. Sie sollen sicherstellen, dass die Tauben keine Brutmöglichkeiten außerhalb des Schlags finden. In Oberbilk, wo es besonders viele Tauben gibt, sei das beispielsweise nicht möglich.
An drei Standorten wurden die ansässigen Tauben in den vergangenen Jahren beringt und so datentechnisch erfasst. So kann nachvollzogen werden, wie sich die Tiere durch die Stadt bewegen. Die ersten Erkenntnisse bestärken das Taubenprojekt: „Die Vögel sind erstaunlicherweise standorttreu und bleiben über Jahre in ihrem Schlag“, sagt Klaus Meyer.
So können den Tieren in den Schlägen beispielsweise Wurmkuren unters Futter gemischt werden. „Tauben übertragen heute keine Krankheiten mehr, dieses Bild ist aber leider noch immer in den Köpfen vieler Menschen drin“, sagt Nadine Dluzynski. Sie hofft, dass das Taubenprojekt Konflikte zwischen Mensch und Tier zukünftig vermeiden kann. „Und dass die Tauben ein lebenswertes Leben führen können, ohne negativ aufzufallen“, so die 30-Jährige.