Thema des Tages: Blutspende Wenn das Lebenselixier knapp wird
Die Zahlen derer, die an der Uni-Klinik Blut spenden, ist seit Jahren zu niedrig.
Düsseldorf. Rund 15 000 Mal pro Jahr sticht die Nadel zu. So oft zapfen die Mitarbeiter der Blutspendezentrale an der Düsseldorfer Uni-Klinik den registrierten Blutspendern das rote Lebenselixier ab. „Nicht oft genug, um unseren Bedarf decken zu können“, sagt Erik Lehnert, Leiter der Herstellung in der Blutspendezentrale. Eigentlich werde doppelt so viel Blut gebraucht, um den Bedarf vollständig stillen zu können.
Dass es am Spenderblut mangelt, sei seit Jahren ein Dauerzustand. „Dafür gibt es viele Erklärungen“, sagt Lehnert. Zum einen fehle vielen potentiellen Spendern die Zeit, „denn der Arbeitsdruck steigt immer mehr und nicht jeder Chef gibt seinen Mitarbeitern für Besuch bei uns frei.“ Viele würden aber auch einfach nicht wissen, für wie viele Patienten fremdes Blut lebensnotwendig sei.
In der Uni-Klinik werden aus den Blutspenden drei verschiedene Präparate hergestellt - rote Blutkörperchen, Frischplasma und Blutplättchen. Aber nur rund ein Drittel wird für Operationen und Unfallpatienten verbraucht, die viel Blut verloren haben. „Rund zwei Drittel brauchen wir für Krebspatienten in der Chemotherapie“, sagt Erik Lehnert.
„Durch die starken Medikamente, die diese Patienten einnehmen, wird die Zellteilung gedrosselt“, erklärt Johannes Fischer, Direktor des Instituts für Transplantationsdiagnostik und Zelltherapeutika (ITZ). Das sei einerseits gut und gar notwendig, damit sich die Krebszellen nicht vermehren. Andererseits würde dadurch jedoch auch die Produktion neuer Blutzellen gestoppt. „Deswegen müssen wir bei diesen Patienten Blut von außen zuführen.“
Wenn darüber informiert wird, dann seien die meisten potentiellen Spender erst einmal überrascht: „Krebspatienten haben keine offenen Wunden und dennoch brauchen sie viel fremdes Blut, das passt auf den ersten Blick nicht zusammen.“
Offene Wunden hatte auch die kleine Henriette nicht. Dennoch hat gespendetes Blut ihr das Leben gerettet. Als sie die Diagnose Leukämie (Blutkrebs) bekam, war sie gerade einmal sieben Monate alt. „Angefangen hat alles damit, dass sie einfach oft krank war“, sagt Mutter Anne. Mit dem Darm und den Ohren hatte das kleine Mädchen Probleme. In der Wuppertaler Kinderklinik kam die erschreckende Diagnose Leukämie dann recht schnell, die Familie aus Remscheid wurde an die Uni-Klinik überwiesen. Alles musste schnell gehen: „Wir sind noch am gleichen Tag nach Düsseldorf gefahren“, erinnert sich die Mutter.
In der Klinik verbrachte Henriette insgesamt neun Monate, so lange, wie ihre Chemotherapie gedauert hat. Mit Beginn der Therapie hat sie das erste Mal Spenderblut bekommen. Am Ende der Chemo sind über 100 Blutpräparate zusammengekommen — eine gewaltige Menge für ein Kleinkind. Heute scheint der Krebs besiegt zu sein. Auch wenn man das mit Gewissheit erst nach fünf Jahren beurteilen könne, sagt Lehnert.
Das Leben von Henriettes Eltern hat die Krankheit ihrer Tochter natürlich verändert. Nicht nur deswegen, weil ihre Mutter praktisch die gesamte Zeit bei ihr in der Klinik verbracht hat. „Man bekommt auch ein ganz anderes Verhältnis zur Blutspende“, sagt Vater Albrecht. Vorher haben wir schon mal gespendet, aber uns nie wirklich Gedanken gemacht, was alles dahinter steckt.“ Jetzt sei ihm klar, dass er zum Spenderkreis gehören möchte: „Denn das gespendete Blut hat unserer Tochter das Leben gerettet.“
Rund 50 000 Menschen sind in der Datenbank der Düsseldorfer Uni-Klinik registriert. Das heißt aber nicht, dass jeder von ihnen auch regelmäßig zum Spenden kommt. „Wenn wir einen Patienten reinbekommen der dringend ein speziell angepasstes Blutprodukt braucht, kontaktieren wir die Spender, die in Frage kommen“, sagt Erik Lehnert. So sei mit der Zeit ein großes Netzwerk entstanden, auch mit anderen Blutspendediensten, das aber an der ein oder anderen Stelle noch nicht dicht genug sei. Oft sei es schwer, einen passenden Spender zu finden: „Denn neben der Blutgruppe sollten, beispielsweise für Blutplättchen oder andere Spezialpräparate, auch die Gewebemerkmale zum Patienten passen.“
Im Großteil der Kliniken und Krankenhäuser wird der größte Teil des gespendeten Blutes während Operationen oder nach Unfällen gebraucht. „Bundesweit sind das etwa fünfzehn Prozent, die in der Krebstherapie gebraucht werden, oft als besonders angepasstes Blutprodukt“, sagt Lehnert. Für die Uni-Klinik, die außergewöhnlich viele Krebspatienten mit dem richtigen Blutprodukt zu versorgen hat, sind die spezialisierten Spenden deshalb besonders wichtig.